Süddeutsche Zeitung

Kriminalstatistik 2018:Kriminalitätsrate in München steigt leicht

  • München ist und bleibt die sicherste deutsche Großstadt.
  • Die Zahl der Straftaten hat sich 2018 im Vergleich zum Vorjahr allerdings etwas erhöht.
  • Das liegt auch an verstärkten Kontrollen - und am heißen Sommer.
  • Die Aufklärungsquote blieb im vergangenen Jahr mit 62,3 Prozent etwa gleich hoch.

Von Julian Hans

Dass München zum 43. Mal in Folge deutscher Meister ist, darauf sei er stolz, sagt Polizeipräsident Hubertus Andrä bei der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik am Donnerstag. Die bayerische Landeshauptstadt ist auch 2018 im bundesweiten Vergleich in Sachen Sicherheit wieder auf dem ersten Platz gelandet. Und das obwohl die Kriminalitätsrate gestiegen ist. "Solche Schwankungen in Statistiken sind nichts Außergewöhnliches und keineswegs ein Grund zur besonderen Besorgnis", schickt Andrä voraus, bevor er erklärt, warum gute Polizeiarbeit zu schlechteren Zahlen führen kann und gutes Wetter mehr Arbeit bedeutet.

Zahl der Straftaten steigt

Dass der tägliche Streifendienst über das Jahr 2018 verteilt insgesamt 3000 Einsätze mehr als im Vorjahr abarbeiten musste, führt Andrä auf den ungewöhnlich heißen Sommer zurück: "Die Leute bleiben abends länger draußen." 5321 Polizeibeamte arbeiteten 2018 beim Polizeipräsidium München. Durchschnittlich alle 102 Sekunden hat die Einsatzzentrale an der Ettstraße einen Streife losgeschickt. Insgesamt wurden - bereinigt um die Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz - 106 401 Straftaten registriert. Das sind 3,4 Prozent mehr als im Vorjahr. 2017 hatte die Zahl der Straftaten den niedrigsten Wert seit 30 Jahren erreicht. Dabei hat die Stadt heute weit mehr Einwohner als damals. Allein in den vergangenen zehn Jahren ist die Einwohnerzahl um fast zehn Prozent gewachsen. Trotzdem liegt die Zahl der Straftaten drei Prozent unter dem Wert von 2009. Pro 100 000 Einwohner gab es 2018 in München 6469 Delikte. In Frankfurt und Berlin liegt dieser Wert etwa doppelt so hoch. Die Aufklärungsquote blieb in München mit 62,3 Prozent etwa gleich gut.

Mehr Wohnungseinbrüche

Mit einem Plus von zwölf Prozent gab es bei den Wohnungseinbrüchen einen auffälligen Zuwachs. Fast jeder zweite der 1369 angezeigten Einbruchsversuche blieb ohne Erfolg (45 Prozent). Die Täter gaben auf, weil die Haus- und Wohnungsbesitzer Türen und Fenster gut gesichert hatten oder aufmerksame Nachbarn einschritten oder die Polizei riefen. "In diesem Zusammenhang möchte ich an alle Münchnerinnen und Münchner appellieren, jederzeit den Notruf 110 zu wählen, wenn sie verdächtige Wahrnehmungen machen", sagte Andrä. "Der Zeitliche Vorsprung ist für uns ganz entscheidend." Außerdem sollten Geld und Wertsachen nicht im Nachttisch oder unter der Matratze aufbewahrt werden. Insgesamt erbeuteten Einbrecher Bargeld, Schmuck und Wertgegenstände im Wert von 5,4 Millionen Euro. Auffällige Steigerungen gab es auch beim Trickdiebstahl, bei dem sich die Täter Zugang zur Wohnung vor allem von Senioren verschaffen, indem sie sich als Handwerker oder als Polizisten ausgeben. Die Zahl solcher Delikte stieg um 44 Prozent auf 166 Fälle.

Schwerpunkt Hauptbahnhof

Dass der Hauptbahnhof im vergangenen Jahr stark im Fokus der Polizei stand, hat sich auch in der Statistik niedergeschlagen. Gemeinsam mit der Bundespolizei und dem Kommunalen Außendienst haben die Bezirksinspektionen dort zwei Großkontrollen mit über 500 Beamten des Polizeipräsidiums München sowie der Bereitschaftspolizei durchgeführt, außerdem 546 Einsätze mit geschlossenen Einheiten und 156 Schwerpunkteinsätze. Infolge der verstärkten Kontrollen wurden zwölf Prozent mehr Straftaten registriert. Insgesamt waren es - ohne ausländerrechtliche Verstöße - 8158 Straftaten, davon 2546 Betäubungsmitteldelikte. Dass die Straftaten im Bahnhof selbst um mehr als ein Prozent zurückgingen, führt Andrä unter anderem auf das nächtliche Alkoholverbot zurück. Sogenannte Rohheitsdelikte, also Körperverletzung, Raub oder Bedrohungen, nahmen im Bahnhofsgebäude sogar um fast 14 Prozent ab. Rohheitsdelikte, bei denen die Täter betrunken waren, nahmen in der Nacht um ein Viertel ab. "Gerade deshalb freut es mich, dass der Stadtrat Ende 2018 beschlossen hat, das Alkoholverbot auf 24 Stunden auszuweiten", sagte Andrä. Infolge der verstärkten Kontrollen wurde in den Straßen südlich des Bahnhofs über 90 Prozent mehr Drogendelikte registriert. Die Aufklärungsquote im Bahnhofsviertel stieg um 2,5 Prozentpunkte auf 81,6 Prozent.

Mord und Totschlag

2018 wurden im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums München 26 Mord- und Totschlagsdelikte neu aufgenommen. Nur in vier Fällen wurde das Opfer tatsächlich getötet. Bis auf einen Fall von versuchtem Totschlag konnten alle Fälle noch im selben Jahr aufgeklärt werden.

Sexualdelikte

Ein Sonderfall sind die Sexualdelikte. Hier wurde 1472 Fälle angezeigt - ein Zuwachs um fast 24 Prozent. Das entspricht einem bundesweiten Trend, den Kriminologen einerseits mit der veränderten Gesetzeslage erklären: Seit einer Reform vor zwei Jahren fallen Handlungen unter das Sexualstrafrecht, die vorher nicht registriert wurden. Fast die Hälfte des Gesamtanstiegs entfällt auf den Zuwachs bei den sexuellen Belästigungen. Grapschen wurde früher als Beleidigung auf sexueller Grundlage eingestuft und nicht als Sexualdelikt gewertet. Zudem hat die Me-Too-Debatte die Öffentlichkeit sensibilisiert und Geschädigte zeigen Übergriffe eher an. Die Polizei nehme das Thema sehr ernst, betonte Andrä: Intensive Ermittlungsarbeit führte in diesem Deliktfeld zu einer Aufklärungsquote von fast 76 Prozent - eine Steigerung um mehr als vier Prozentpunkte.

Kriminalität durch Ausländer

Etwa 24 Prozent aller Einwohner im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums München haben keinen deutschen Pass. Ihr Anteil an allen Tatverdächtigen liegt derweil bei fast 49 Prozent. Zuwanderer, also Asylbewerber, Asylberechtigte und Geduldete machen knapp zwei Prozent der Bevölkerung im Bereich des Präsidiums aus. Ihr Anteil an der Zahl der Tatverdächtigen liegt bei elf Prozent. Bevor man Geflüchtete pauschal als krimineller als Deutsche einstufe, müssten Alter, Geschlecht und Wohnsituation berücksichtigt werden, sagte Andrä: "Es ist eine alte kriminalistische Weisheit, dass junge Männer eher zu Kriminalität neigen als Männer in meinem Alter." Auf das Konto der Zuwanderer gingen im vergangenen Jahr 1881 Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, 1824 Rohheitsdelikte wie Körperverletzung, Raub oder Bedrohung, 1595 Vermögens- und Fälschungsdelikte (davon mehr als die Hälfte durch Schwarzfahren) sowie 111 Sexualdelikte. In 44 Prozent aller durch Zuwanderer begangenen Rohheitsdelikte waren die Opfer ebenfalls Zuwanderer. Die Einsätze in Asylbewerberunterkünften gingen um 841 auf 3430 zurück. Auslöser waren oft banale Streits: Oft genügte ein klärendes Gespräch, um ihn zu beenden.

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