Kriminalität:Grusel-Clown geht in München mit Axt auf Zehnjährigen los

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Guter oder böser Clown? Wer dieser Tage einen auf der Straße trifft sollte lieber die Polizei rufen. (Foto: dpa)
  • Der Horror-Clown-Trend aus den USA sorgt auch in München für Nachahmer.
  • An diesem Wochenende gingen bei der Polizei mehrere Notrufe ein, in einem Fall hat ein Unbekannter versucht, einen zehnjährigen Bub mit einer Axt anzugreifen.
  • Innenminister Joachim Herrmann kündigt hartes Vorgehen gegen die Täter an.

Von Martin Bernstein

Sie heißen Pennywise, Schlitzer oder Killer-Clown. Die Kostüme kann man für 60 bis 80 Euro in Horror-Shops kaufen. In einer Woche ist schließlich Halloween, in gut zwei Wochen beginnt der Karneval. Doch mit harmloser Kostümierung hat das, was seit Freitag auch die Münchner Polizei beschäftigt, nichts zu tun. "Böse Clowns" treiben ihr Unwesen. Sieben Sichtungen wurden allein am Wochenende von aufgeregten Anrufern gemeldet. Für die Beamten im Kommissariat 24 der Kriminalpolizei hört da schlicht der Spaß auf, wo die Grenze zur Straftat überschritten ist.

So wie am Freitagabend im Westpark. Ein zehnjähriger Bub radelt vom Fußballtraining nach Hause. Es ist kurz vor 19 Uhr. Plötzlich springt eine als Clown verkleidete Person vor dem Kind aus dem Gebüsch. Laut schreiend schwingt der Angreifer eine Axt und rennt auf das Kind zu. In Todesangst radelt der Bub davon. Weinend erzählt er zu Hause seiner Mutter, was ihm passiert ist. Die Frau verständigt die Polizei. Jetzt ermitteln Kriminalbeamte. Denn ein derartiger Überfall ist keine Bagatelle, sondern eine schwere Straftat. Wer als Horror-Clown verkleidet einen Menschen mit einer Waffe attackiert, macht sich unter Umständen der Bedrohung, der Nötigung oder sogar der versuchten Körperverletzung schuldig. Das Strafgesetzbuch kennt für solche Fälle Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren.

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Der Angreifer aus dem Westpark hat seine Attacke auf das Kind offenbar auch noch gefilmt. Das heißt: Hinter dem "Prank" (Streich) genannten Überfall steckt zumindest Geltungssucht, vermutlich aber auch Geldgier. Denn die Filme sollen im Internet Clicks und womöglich so auch Geld bringen. Experten des Polizeipräsidiums München durchforsten deshalb die Sozialen Netzwerke nach einschlägigen Videos. Und sie können sich auf "extrem viele" Hinweise der Internet-Gemeinde verlassen. Schon 30 Hinweise und Anfragen zu Horror-Clowns habe das Social-Media-Team der Münchner Polizei seit einer Woche erhalten, berichtet Polizeisprecher Florian Hirschauer. "Wir nehmen das sehr ernst", sagt er.

Noch lässt sich nicht genau sagen, was den Hype ausgelöst hat. Für die Münchner Polizei sind viele Fälle die Taten von Nachahmern, die auf einen Trend aufspringen. Der Hype verstärkt sich selbst: "Was gerade angesagt ist, bringt auch wieder Clicks", erklärt Hirschauer. Und dafür schrecken die Täter auch nicht davor zurück, kleine Kinder zu verängstigen. Inzwischen hat auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann ein hartes Vorgehen gegen sogenannte Grusel-Clowns angekündigt. "Solche üblen Gags können schlimme Folgen haben", sagte der CSU-Politiker der "Passauer Neuen Presse". "Wir werden da deshalb auch nichts durchgehen lassen und jeden Fall konsequent verfolgen sowie entsprechend ahnden." Aus einem vermeintlichen Scherz könne für den Täter bitterer Ernst werden. Die Täter dürften mit der Polizei oder dem Staatsanwalt rechnen, sagte Herrmann.

Der erste Notruf in Zusammenhang mit einem bösen Clown erreichte die Münchner Polizei am Freitag, zwei Stunden vor dem Überfall im Westpark. Ein Anrufer meldete auf der Nummer 110, dass sich am Wintrichring an der dortigen Bushaltestelle eine Person befinde, die eine Clown-Maske trage und mit einem Küchenmesser in der Hand wild herumfuchtle. Weder den Vermummten noch den Anrufer trafen die Beamten an, dafür aber in der Nähe in Moosach drei Kinder im Alter zwischen 13 und 14 Jahren, die eine Clown-Maske dabei hatten. Sie hatten aber offenbar mit dem Vorfall am Wintrichring nichts zu tun.

Am Samstagmorgen gegen 4 Uhr soll sich dann am Sendlinger-Tor-Platz ein Clown zombieartig fortbewegt haben. Derselbe Anrufer meldete - beides allerdings erst Stunden später -, dass er um 5 Uhr ebenfalls am Sendlinger-Tor-Platz an einer Bushaltestelle eine Person gesehen habe, die "komische Geräusche von sich gab" und ebenfalls ein Clown-Kostüm trug. Am Samstagabend wurde dann in der Herzogstraße eine Person mit Clown-Maske und einem unbekannten Gegenstand in der Hand gesehen, ein weiterer Clown, bewaffnet mit einem Baseballschläger, in einem Innenhof an der Ruppertsberger Straße in Giesing. Außerdem sollen drei Jugendliche als Clowns maskiert mit pyrotechnische Gegenstände durch den Olympiapark gelaufen sein.

Die Polizei schließt nicht aus, dass in den nächsten Tagen weitere derartige Vorfälle bekannt werden. Ihre Tipps: Über den Notruf 110 sofort die Polizei rufen, den Maskierten nicht ansprechen und nicht provozieren und sich im Fall der Fälle mit einer Trillerpfeife oder einem Taschenalarm "wehren" und öffentliche Aufmerksamkeit für die Situation herstellen. Und im Zweifelsfall lieber davonlaufen, wenn ein böser Clown auftaucht. Denn er könnte tatsächlich böse sein.

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