Kriminalität:Falschaussage nach brutalem Überfall

  • Der brutale Überfall auf einen 39-jährigen Lageristen in München vor zehn Tagen hat sich offenbar deutlich anders abgespielt, als der Mann zunächst geschildert hatte.
  • Nach Aussage der Jugendlichen und unbeteiligter Zeugen, hätten Jugendliche den Münchner mit schwarzafrikanischen Wurzeln mehrfach rassistisch verhöhnt.
  • Der Mann hatte dagegen behauptet, er sei in eine Falle gelockt worden, weil er Somaliern geholfen habe, die von der Gruppe bedrängt worden seien.

Von Martin Bernstein

Der brutale Überfall auf einen 39-jährigen Lageristen vor zehn Tagen hat sich offenbar deutlich anders abgespielt, als der Mann zunächst geschildert hatte. Das hat die Münchner Polizei am Montag mitgeteilt, nachdem sie die jugendlichen Schläger ausfindig gemacht hat.

Nach Aussage der Jugendlichen und unbeteiligter Zeugen, die sich mittlerweile bei der Polizei gemeldet haben, hätten die Jugendlichen den Münchner mit schwarzafrikanischen Wurzeln mehrfach rassistisch verhöhnt, bevor dieser seinerseits die Konfrontation mit der Gruppe gesucht habe, so die Erkenntnisse der Polizei. Der Mann hatte dagegen behauptet, er sei in eine Falle gelockt worden, weil er Somaliern geholfen habe, die von der Gruppe bedrängt worden seien. Ob es diese Somalier überhaupt gegeben hat, ist jedoch laut Polizei inzwischen höchst zweifelhaft.

Die vier Jugendlichen - das ist unbestritten - schlugen und traten den Mann in einem Hinterhof am Werner-Egk-Bogen 6 krankenhausreif. Durch Ermittlungen des für politisch rechts motivierte Kriminalität zuständigen Kommissariats wurden die vier Tatverdächtigen gefunden. Es handelt sich laut Polizei um männliche Jugendliche aus München im Alter zwischen 15 und 17 Jahren. Das Opfer der Prügelattacke hat sich bei der Polizei zum neuen Ermittlungsstand noch nicht geäußert.

Der 39-Jährige kam nach den Erkenntnissen der Kriminalpolizei in den Abendstunden des 8. Juli gegen 22.45 Uhr betrunken mit einem Linienbus an der Haltestelle Heidemannstraße an. Im gleichen Bus befanden sich bereits die vier späteren Täter. Sie gaben Geräusche von sich, die Affenlauten ähnlich waren und die das spätere Opfer auf sich bezog. Die bisherigen Ermittlungen bestätigten laut einem Polizeisprecher indes nicht, dass der 39-Jährige - wie er behauptet hatte - nach dem Aussteigen aus dem Bus auf eine Personengruppe stieß, bei denen es sich um die Somalier gehandelt haben soll.

Die Ärzte konnten sein Auge retten

Nach dem Verlassen des Busses ging der 39-Jährige zuerst vor den vier Jugendlichen her. Vermutlich, so die Polizei, wurde er dabei von den Jugendlichen weiter verspottet. Der Lagerist soll sich daraufhin umgedreht haben und in ihre Richtung gegangen sein. Er packte nach Auskunft der Polizei einen der Jugendlichen mit einer Hand am Hals und schob ihn von sich weg. Außerdem habe er die Jugendlichen verbal bedroht.

Der Jugendliche, der am Hals gepackt wurde, habe sich jedoch weiter über den Mann lustig gemacht. Bei einem Mülltonnenhäuschen fand der Jugendliche ein weißes, etwa zwei Meter langes Holzteil; da sich der 39-Jährige davon jedoch nicht habe beeindrucken lassen, habe der Jugendliche die Holzlatte vor seine Füße geworfen und sei davongerannt - so der momentane Ermittlungsstand der Polizei.

Der 39-Jährige verfolgte den davonlaufenden Jugendlichen weiter, woraufhin ihn die anderen drei brutal angriffen und misshandelten. Zunächst wurden dem Mann die Beine weggezogen, so dass er zu Boden stürzte. Einer der Jugendlichen trat dem auf dem Rücken Liegenden ins Gesicht und versetzte ihm im Anschluss noch zwei Faustschläge, wobei er mit dem Daumen ein Auge des Mannes traf. Anschließend flüchteten die Jugendlichen. Der Schwerverletzte kam ins Krankenhaus. Die Ärzte dort konnten sein Auge retten.

Inzwischen stuft die Kriminalpolizei die Tat trotz der rassistischen Schmähungen durch die Jugendlichen nicht mehr als politisch motiviert ein. Die Ermittlungen, jetzt auch wegen der Falschaussage gegen das Opfer, dauern nach Auskunft der Polizei aber an.

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