Kratzers Wortschatz:Der Grant der Sechzger auf die Seitenstraßler

Seitenstraßler

Eingefleischte Sechzger-Fans wie Florian Pollok jammern über den Verlust an Lebensqualität. Kürzlich verlieh Pollok seiner Enttäuschung über den TSV 1860 in einem Leserbrief kräftig Ausdruck. Die Wirkung seines Briefes steigerte er durch Verwendung origineller Münchner Wörter. "Wir Fans müssen uns hier vor Ort täglich anhören, was in unserem Kasperlverein wieder los ist", schrieb Pollok. Im Elfenbeinturm des Investors Ismaik in Dubai kämen solche Töne wohl nicht an. "Ebenso wenig, was es heißt, als Giasinga von den Seitenstraßlern gefrotzelt zu werden." Seitenstraßler ist ein herrliches Wort aus dem Altmünchner Milieu, das die Dauerrivalität zwischen den Anhängern des FC Bayern und der Sechzger kunstvoll verdichtet. Es könnte einem Bayerhammer-Tatort aus den Achtzigerjahren entnommen sein, wo das Münchnerische Idiom mit seelenwärmenden Begriffen wie Strizzi, Gandi und Vorstadtluggi noch so herrlich sprudelt. Im Milieu der Sechzger gelten die Anhänger des FC Bayern als "Seitenstraßler". Die Säbener Straße, Heimat der Bayern, ist aus Sicht der an der Grünwalder Straße residierenden "Löwen" nicht ernst zu nehmen, es ist nur eine Seitenstraße, ein Glasscherbenviertel. Seitenstraßler sind für sie lediglich Neureiche, die zwar stets auf der Sonnenseite des Ruhms stehen, aber vom Leiden und vom Leben keine Ahnung haben.

Bembara

Im Angesicht des heranschleichenden Winters ruft Rosemarie Will, Herausgeberin des Berchtesgadener Heimatkalenders, das Wort Bembara (Pembara) in Erinnerung. Dabei handelt es sich um eine wurstartige Erhebung auf winterlichen Bergwegen. Fährt ein Schlitten drüber, macht er eine sprunghafte Bewegung, und dann bembert es. Früher, als viele Zufahrtswege zu den hoch gelegenen Gehöften noch als Schlittenbahnen genutzt wurden, waren die Bembara das Zuckerl einer Abfahrt. "Oft genug ist man von einem Bembara zum anderen gebembert in der Hoffnung, überhaupt auf dem Schlitten sitzen zu bleiben und nicht in einen Tannenbusch geschleudert zu werden", schreibt Frau Will.

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