La Villa di Giuliano:Ein herrlich unperfekter Italiener

La Villa di Giuliano: Es leuchtet, es glänzt und der Wirt serviert mit einer für Neulinge erst einmal gewöhnungsbedürftig selbstbewussten Stimme.

Es leuchtet, es glänzt und der Wirt serviert mit einer für Neulinge erst einmal gewöhnungsbedürftig selbstbewussten Stimme.

(Foto: Stephan Rumpf)

Im La Villa in Karlsfeld gibt es sensationelle Saucen und kleine Fehler - beides trägt zum Charme dieses Wohlfühl-Italieners bei.

Von Gertrude Fein

Warum ein Lokal in Karlsfeld? Ja, warum eigentlich nicht? Es handelt sich schließlich um einen Vorort von München mit immerhin circa 22 000 Einwohnern. Innenstadtbewohner pflegen etwas hochnäsig auf Karlsfeld oder andere Viertel am Rande der Stadt herunterzuschauen, wenn sie überhaupt jemals davon Notiz genommen haben sollten. Dabei lebt es sich recht gut dort. Es gibt ein Hallenbad, schöne Badeseen, weniger schöne Einkaufszentren, ein Heimatmuseum und Gaststätten für jeden Geschmack.

La Villa nimmt insofern eine besondere Stelle ein, weil es am äußersten Zipfel des Ortsgebiets liegt, wo es wohl nicht so einfach war, genügend Gäste anzulocken, quasi an den Rand des Karlsfelder Universums. Wirt Giuliano hatte schon vor vielen Jahren den Mut, dort seine Vorstellungen von italienischer Gastlichkeit zu verwirklichen. Vermutlich lief das damals nicht so recht rund, denn er wirkte dann in einem Restaurant in Dachau, kehrte aber nach einigen Jahren zurück an den alten Standort.

Und das mit Erfolg. Inzwischen hat er sich einen stabilen Stamm an Gästen erarbeitet, den er mit großer Herzlichkeit und sehr lauter Stimme bewirtet. Für Neulinge ist dieses kräftige Organ erst einmal gewöhnungsbedürftig, vor allem dann, wenn er nur halb witzig die freundliche "Ragazza" zusammenfaltet, die für Getränke zuständig ist. Die Karte ist erfreulich klein gehalten; sie wechselt monatlich, die Mittagskarte wöchentlich. Außerdem gibt es eine ausführliche Pizzakarte.

In der Küche arbeitet man mit Zutaten der jeweiligen Saison und vielen guten Ideen. Recht gewagt schien die Verbindung von gerösteten Steinpilzen mit Gorgonzola, die sich als überraschend gelungen erwies (12,90 Euro). Die Kürbissuppe war mit Jakobsmuscheln veredelt und mit Kürbiskernen und Kresse überstreut, sehr angenehm (9,80). Cappe Sante wurden auch mit gegrillten Polentascheiben, Butter, Salbei und schwarzen Trüffeln kombiniert - köstlich! Den darüber gehobelten Käse hätte man sich sparen können (20,50). Die Calamari waren wunderbar zart, von feiner Zitronensauce umgeben und von bissfestem Gemüse begleitet (18,50). Auch die grüne Sauce zu den Scampispießen, verschieden große Scampischwänze gegrillt, verdiente einen Saucenorden (20,50).

Das Mittagsmenü Fisch, zum sensationell günstigen Preis von zehn Euro neunzig, bestand aus einem großen, sehr frischen Salat mit Krabben, leider alles sehr kalt, aber erfreulicherweise zum Selbstanmachen, und einer ordentlichen Scheibe Rombo bianco (Butt), wieder mit einer ausgezeichneten Sauce aus feingehacktem Gemüse und Kapern. Der Freund von Meeresgetier kann sich also im La Villa gut aufgehoben fühlen. Nur die Pizza Pescatore trübte etwas den guten Eindruck. Zwar war sie reichlich belegt, aber eine Menge halbgarer Zwiebelringe ermordeten das Aroma (9,20).

Zu den Fischgerichten passte gut der offene, frisch-fruchtige Chardonnay, der echte Schoppen für 4,20. Auch die Fleischgerichte bestätigten, dass in der Küche gute Handwerker mit einem besonderen Händchen für Saucen arbeiten. Drei dicke Scheiben vom Hirsch badeten in einer köstlichen, leicht scharfen Sauce; dazu gab es sehr gute grüne Bohnen mit Speck (19,50). Die Kalbsbäckchen, so zart, dass das Messer eigentlich überflüssig war, wurden begleitet von, gemischtem Gemüse, einen Tick zu süßer Cassissauce und schwarzen Trüffeln (20,50). Auch schön anzusehende Kartoffelstücke lagen auf dem Teller, die dort allerdings liegen blieben, weil sie muffig schmeckten.

In einem amtlichen Bericht von Anfang des 19. Jahrhunderts über die ersten Kartoffelernten auf dem Boden des jetzigen Karlsfeld wurde festgestellt, dass "die Kartoffeln für Muster von der schlechtesten Qualität dienen". Ganz so schlimm war es nicht, und bei einem anderen Besuch waren sie essbar. Im Übrigen sind die Karlsfelder Kartoffeln schon seit langem für ihre Güte bekannt.

Wenn als Dessert Kastanienparfait mit Grappacreme angeboten wird: Sofort zugreifen! - ein süßes Gedicht (6,80).

Der L-förmige Gastraum ist mit glänzendem Holz getäfelt; Spiegel sorgen für weiteren Glanz. Die lindgrünen Bezüge der Sessel passen gut zum rötlichen Holz. Die Tische sind adrett weiß gedeckt. An warmen Tagen sitzt es sich angenehm auf der großen Sonnenterrasse. Alles in allem ist La Villa ein Ristorante mit kleinen Fehlern, mit einem Wirt mit kleinen Fehlern, aber zum Glück kein Möchtegern-Edelschupppen, sondern ein Ort, an dem sich die Gäste wohlfühlen können.

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