Doma:Nachhaltige Küche hat eben ihren Preis

Doma: In der Showküche im hinteren Teil des Doma können die Gäste den Köchen bei der Arbeit zusehen.

In der Showküche im hinteren Teil des Doma können die Gäste den Köchen bei der Arbeit zusehen.

(Foto: Robert Haas)

Das "Doma" ist ein Restaurant für den gehobenen Geschmack und einen gut gefüllten Geldbeutel. Das ist manchmal angenehm und kommt manchmal leider auch arg protzig daher.

Von Marcelinus Sturm

Angenehm sollte der Aufenthalt in einem Restaurant ja immer sein. In eine Spelunke geht man höchstens, um sich zu betäuben, nicht um schön zu speisen. Irgendwann in den Achtzigerjahren wuchs sich die angenehme Umgebung aber zum Ambiente aus, auf das es sehr wesentlich ankam. Dann wurden Lokale wichtig, bei denen man sich vorkam wie bei Krösus zu Hause oder auf einer mondänen Yacht an der Côte d'Azur. Momentan sind Restaurants in Mode, die Designerateliers gleichen. In der Maxvorstadt hat neulich ein Italiener aufgemacht, der eng mit einem italienischen Designhaus kooperiert und sein Inventar regelmäßig nach einigen Monaten Nutzungszeit an seine Gäste verkaufen will.

Soweit geht das Doma - der Name, verrät ein Kellner auf Nachfrage, ist kroatisch und heißt "zuhause" oder "daheim" - freilich nicht. Früher war hier am Viktualienmarkt eine eher bodenständige Pizzeria, die der Eigentümer eines Tages Hals über Kopf aufgab. Dann wurde lange und sehr aufwendig umgebaut, kurz vor der geplanten Eröffnung kam der zweite Lockdown. Dann aber ging es los im Doma. Die opulente Innenausstattung erinnert frappant an einen teuren Lampenladen und vorne zur Straße hin an die Hotelbar eines Fünf-Sterne-Hauses.

Im hinteren Bereich, bei der offenen Showküche, kann man während des Essens den Köchen bei der Arbeit zusehen. Das ist durchaus sehenswert; mit dem jungen Österreicher Peter Wiedner hat man sich hier einen Spitzenkoch aus Kärnten geholt, der auch schon im Berliner Zwei-Sterne-Restaurant Horváth gearbeitet hat. Löblich auch, dass er großen Wert auf die Herkunft seiner Produkte legt, aufs Tierwohl achtet und biologisch erzeugte Zutaten bevorzugt. Zu Anfang gab es im offenen Ausschank sogar ausschließlich Naturweine, die sich nicht so einfach trinken lassen. Mittlerweile hat man auch einen Grünen Veltliner Am Berg von Ott (7,50 Euro für 0,15 Liter) im Angebot oder einen Sauvignon Blanc von Knipser (7,00/0,15).

Resstaurant Doma München, 2021

Die Hummer-Nummer: Das Krustentier wird im Doma paniert gebacken und auf stark erhitzten Maiskörnern (der Laie sagt Popcorn dazu) angerichtet.

(Foto: Robert Haas)

Das demonstrative Bekenntnis zur Nachhaltigkeit ist schön und passt auch gut zu einfachen Tellern wie Tatar vom Bio-Rind mit Moux-Senf-Creme und Senfsalat (22,50), dem Kärntner Schinken und Bauchspeck (18,50) oder "Brot & Butter", bestehend aus Sauerteigbrot mit Butter in Brezenform und Schnittlauch (6,50). Wobei man übrigens langsam froh wäre, in München endlich mal auf ein hochpreisiges Restaurant zu stoßen, das sein Brot nicht vom Edelbäcker Julius Brantner bezieht. Denn damit geben sie jetzt fast alle an, und das Doma macht da keine Ausnahme.

Auch sonst lässt man's auf der Speisekarte krachen. Da findet man sechs Premium-Austern vom Münchner Feinkosthaus Fred & Williams mit Ponzu-Vinaigrette und Pumpernickel (27,50), sibirischen Kaviar (75,00 für 50 Gramm) oder Beluga-Kaviar als Sonderedition (200,00 für 50 Gramm). Die Preise für 125 Gramm verschweigt Sturm lieber schamvoll. Und dann gibt es noch gebackenen Hummer mit Popcorn. Hat es einen Mehrwert, Hummer zu panieren und auf eine Schüssel voller stark erhitzter Maiskörner zu legen, wenn auch garniert mit Nori-Algen und Chili-Mayonnaise? Natürlich nicht. Es ist eigentlich nur so etwas wie Bubble-Tea für die höheren Stände, eine leicht frivole Spielerei.

Doma: Das Doma, was so viel die "daheim" bedeutet, residiert am Viktualienmarkt in einer ehemaligen bodenständigen Pizzeria.

Das Doma, was so viel die "daheim" bedeutet, residiert am Viktualienmarkt in einer ehemaligen bodenständigen Pizzeria.

(Foto: Robert Haas)

Aber gut, das kommt bei osteuropäischen Neureichen auf Städtetour im Westen sicher gut an. Dabei hat das Doma - trotz seiner übersichtlichen Monatskarte - sehr viel mehr zu bieten. Anfangs war die Experimentierfreude noch überbordend. Da fanden sich dann bei der Goldforelle schwarze Belugalinsen, Pak Choi und grüne Erdbeeren nebst Nussbutter (32,50), wobei die Forellenhaut etwas lätschert daherkam. Inzwischen ist ein schöner Saibling das Fisch-Hauptgericht (34,50), mit kross gebratener Haut sowie Grammelravioli und Petersilienwurzel als Beilagen. Passt besser. Für die Fleischesser findet sich auf der Karte mal Lammrücken mit einer Kartoffelroulade, gefüllt mit Pilzfarce, und Gemüse von gelben Zucchini (39,50) oder ein perfekt gegrillter Hirschrücken mit Wacholder, Topinambur und Preiselbeeren (39,50) in ungewohnten Variationen und Erscheinungsformen, aber sehr hübsch aufbereitet.

Auch die Vegetarier werden ordentlich bedient. Der gebackene Blumenkohl mit Holunder, Kokos und Schwarzbrotcrumble (18,50) ist inzwischen von der Karte verschwunden und durch Gelbe Bete mit Süßkartoffeln, gewürzt mit der indischen Garam-Masal-Mischung, ersetzt worden (19,50). Als Höhepunkt blieb freilich der Salat von Schwarzwurzel und Kürbis (18,50) in Erinnerung, wegen der fein geschnittenen und zu kleinen Kegeln geformten Kürbisscheibchen und der Pekannusscreme mit den Mascarponetupfern sowie dem Petersilienöl, wenn wir's richtig herausgeschmeckt haben.

Die SZ-Kostprobe

Die Restaurant-Kritik "Kostprobe" der Süddeutschen Zeitung hat eine lange Tradition: Seit 1975 erscheint sie wöchentlich im Lokalteil, seit einigen Jahren auch Online und mit einer Bewertungsskala. Etwa ein Dutzend kulinarisch bewanderter Redakteurinnen und Redakteure aus sämtlichen Ressorts - von München, Wissen bis zur Politik - schreiben im Wechsel über die Gastronomie in der Stadt. Die Auswahl ist unendlich, die bayerische Wirtschaft kommt genauso dran wie das griechische Fischlokal, die amerikanische Fastfood-Kette, der besondere Bratwurststand oder das mit Sternen dekorierte Gourmetlokal. Das Besondere an der SZ-Kostprobe: Die Autorinnen und Autoren schreiben unter Pseudonym, oft ist dies kulinarisch angehaucht. Sie gehen unerkannt etwa zwei- bis dreimal in das zu testende Lokal, je nachdem wie lange das von der Redaktion vorgegebene Budget reicht. Eiserne Grundregeln: hundert Tage Schonfrist, bis sich die Küche eines neuen Lokals eingearbeitet hat. Und: Nie bei der Arbeit als Restaurantkritiker erwischen lassen - um unbefangen Speis und Trank, Service und Atmosphäre beschreiben zu können. SZ

Ja, man kann richtig gut essen im Doma. Aber auch richtig teuer, weshalb wir uns die Desserts gespart haben: 12,50 Euro für ein Stück Apfelstrudel oder 14,50 für eine kleine Zitronentarte fanden wir dann doch etwas happig. Man scheint das inzwischen auch kapiert zu haben: Die Preise für das "Chefs Choice"-Menü sind von anfangs 95 Euro für vier Gänge und 125 Euro für fünf Gänge auf 85 und 105 Euro gesenkt worden. Für drei Gänge zahlt man allerdings nach wie vor 65 Euro. Auch daheim nimmt man's halt von den Lebenden.

Adresse: Prälat-Zistl-Straße 10, 80331 München, Telefon: 089/46225315, Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 11.30 bis 1 und, Freitag und Samstag 11.30 bis 2 Uhr. www.doma-restaurant.de

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