Süddeutsche Zeitung

Wirtshaus zur Marienburg:Ein Ort für starke Esser

Lesezeit: 3 min

Die Portionen im "Wirtshaus zur Marienburg" sind üppig, der Service freundlich - doch die Qualität der Speisen schwankt.

Von Johanna N. Hummel

Wachstum gehört zu einem Unternehmen wie das Salz in die Suppe. Auch in der Gastronomie. Erfolgreich könne ein Wirt nur sein, wenn er mit einem, vielleicht zwei Mitarbeitern arbeite oder aber im großen Stil, dazwischen gehe nichts, sagte jüngst der Sternekoch Alexander Herrmann, das sei der Fluch der Zeit.

Nun gibt es zwar Beispiele, die das Gegenteil beweisen, doch sie liegen nicht im Trend. Restaurantketten durchziehen die Stadt, Könige der Gastro-Branche bauen ihre Kollektionen weiter aus, Spitzenköche werden Unternehmer. Und Wirte in kleineren Häusern folgen dem Mainstream und expandieren, zum Beispiel im Nordosten von München.

2004 übernahmen drei Gastronomen - Josef Schlenc sowie Christian und Andreas Ertl - das Wirtshaus zur Marienburg an der Ecke Hohensalzaer und Marienburger Straße in Denning. Zwei Jahre später kam das Lohengrins in der Cosimastraße dazu, und mittlerweile sind die beiden Ertls auch Gesellschafter im Truderinger Lindengarten.

Lehrjahre im Bayerischen Hof

Mag sein, dass sie alle in ihrer Lehrzeit im Bayerischen Hof oder im Königshof gut aufgepasst haben, ihr kleines Unternehmen scheint zu funktionieren, allein das Wirtshaus zur Marienburg brummt nur so. Ohne Tischbestellung wäre in den vergangenen Wochen dort nichts gegangen und zwar mittags wie abends. Dabei kann die Marienburg nicht auf Laufkundschaft bauen, weil sie versteckt in einer alten Siedlung zwischen kleinen Häusern liegt.

Seit 1930 existiert das Wirtshaus, und es schaut noch immer so aus wie auf vergilbten Fotos, mit Spitzbogenfenstern und baumbestandenem Biergarten, mit Holzvertäfelungen in Gastraum und Nebenzimmer, mit Holztischen und Bänken entlang der Wände. Hinter der Bar stehen Weinregale, im offenen Kamin brennt ein Feuer.

Nichts wurde auf Hochglanz renoviert, nichts durchgestylt. Von dem vielen Zierrat an Wänden und auf Simsen einmal abgesehen, ist es eine schöne Wirtschaft, in der man gern hocken bleibt. Und die Bedienungen sorgen gut für die Gäste, schnell sind sie, immer freundlich und geduldig, auch wenn es hektisch wird.

Bayerisches Essen mit internationalen Ambitionen

Die Wirte haben sich, was ihre Küche angeht, allerlei vorgenommen. Es gibt eine ganz hübsch große Standardkarte, eine Wochen-, eine Mittags- und eine Tageskarte, die häufig wechselt, das Programm schwankt zwischen bayerischem Essen und internationalen Ambitionen. Einen Kotau vor dem Koch, der das unter einen Hut bringt. Jener in der Marienburg schafft es vielleicht manchmal, zum Beispiel bei der Kraftbrühe mit wunderbar lockeren Grießnockerln.

Die Cremesuppe aus Petersilienwurzeln war leicht und fein, nur die Croutons darin schmeckten wie direkt aus der Tüte. Als Retro-Kost pur wurde die Hummersuppe aufgetragen, so kam sie in den Sechzigerjahren auf den Tisch, ohne Würze und Hummerfleisch, aber mit Sahnehaube (5,50 bis 7,50). Der Salat von lauwarmen Semmelknödeln, Kirschtomaten und gegrillten Schwammerln war feinsäuerlich angemacht, doch die Knödel waren in grobe Brocken gehackt, die Pilze hatten den Grill offenbar nur flüchtig berührt (8,90).

Die Hochs und Tiefs wiederholten sich regelmäßig. Die Küche schien ihren eigenen Ansprüchen, ihrem Können und der fehlenden Zeit hinterherzulaufen: Feines, Fades, Liebloses lagen dann oft auf einem Teller. Der Seeteufel beispielsweise, ein gewaltiges Stück, war schön gebraten und noch glänzend im Fleisch, der gegrillte grüne Babyspargel jedoch völlig ungewürzt und hart, die weiße Portweinsauce mäßig (19,90).

Ach ja, die Saucen: Nach viel Saucenbinder schmeckten sie, ob die Dunkelbiersauce zum wunderbar zarten Schweinebraten mit Kruste oder die zum Krautwickerl mit Hirschfleischfüllung. Das ordentliche Viertel Ente umgab eine rötliche Tunke, von der man nicht glauben konnte, dass sie von der Ente stammte, abgekühlt erinnerte sie an Pudding (13,70 bis 15,90).

Eine üppige Angelegenheit

Die beiden Schweineschnitzel Wiener Art mit Bratkartoffeln versöhnten ein wenig oder das saftige Bergbauernschnitzel mit gerösteten Knödeln, gefüllt mit Bergkäse und recht salzigem Südtiroler Speck. Eine üppige Angelegenheit war es, etwas für starke Esser (13,10 und 15,50).

Doch die kommen in der Marienburg auf ihre Kosten, auch beim Kaiserschmarrn, eine Portion reichte locker für eine kleine Tischrunde. Er wurde in einer Eisenpfanne aufgetragen, mit frischem, säuerlichen Apfelpüree, war schön braun und nicht zu süß. Vielleicht hätte der Teig noch ein Ei mehr vertragen, aber das war eine Petitesse (9,80).

Der Wirt Andreas Ertl stand immer wieder in seiner Marienburg, plauschte mit Gästen, packte im Service mit an. Seine Weinkarte ist klein und recht hübsch im Angebot, alle Flaschenweine werden auch als Offene ausgeschenkt. Sie waren, ob der Grüne Veltliner, der Grauburgunder oder der Ercavio Tempranillo, nicht gerade preiswert, aber trocken und angenehm (0,2 Liter 6,70 bis 6,90). Kein Zweifel, eine kleinere, feine Karte würde auch der Küche gut bekommen.

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Quelle:
SZ vom 21.01.2016
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