Zum Ferdinand:Da kriegst ein Vogerl

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Im Restaurant Ferdinand lässt es sich tafeln wie zu Zeiten der k.u.k.-Monarchie. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Restaurant Zum Ferdinand im Bamberger Haus bietet eine vorzügliche Wiener Küche - die hat allerdings ihren Preis. Der Service ist ungewöhnlich aufmerksam. Doch es gibt etwas, das den Gast in Bedrängnis bringt.

Von Moritz Mayer-Rahn

Wer im Norden Deutschlands wohnt und allenfalls im Urlaub in die Alpenregion kommt, hält Bayern und Österreicher gerne für eine Art Zwillinge - laufen in Tracht herum und sprechen einen schwer verständlichen Dialekt. Der Kenner weiß, dass diese Einschätzung ein rechter Schmarrn ist, auch wenn der Österreicher den Bayern für artverwandter hält als etwa den Niedersachsen, und umgekehrt. Bruno Kreisky, langjähriger österreichischer Bundeskanzler, hat das einmal auf den Nenner gebracht: Im Urlaub fahre er am liebsten nach Bayern, da sei er nicht mehr in Österreich, aber noch nicht in Deutschland.

Zu den Unterschieden, die gern übersehen werden, gehört auch die Küche. Und das nicht nur, weil die Nachbarn für manche Lebensmittel ganz andere Namen haben, wo die Kartoffeln Erdäpfel, die Tomaten Paradeiser heißen und Fisolen grüne Bohnen sind. Speziell die klassische Wiener Küche ist einen Zacken feiner und raffinierter, auch wenn man das hierzulande nicht so gerne hört.

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Der übliche München-Zuschlag?

Seit Mai ist das Angebot an authentischer österreicherischer Küche um ein ambitioniertes Lokal erweitert worden. Im Bamberger Haus am Luitpoldpark wird seither gewissermaßen binational gekocht. Das Untergeschoss beherbergt die Pizzeria Ciao Francesco. Oben bieten die Pächter Sebastian Flaskamp, Tom Breiter und Mathias Rösch, die in Haidhausen auch das Chez Fritz betreiben, im Zum Ferdinand gehobene Wiener Küche an.

Wobei sich das gehoben auch auf die Preise bezieht, die sich im Ferdinand, benannt nach Kaiser Ferdinand I., eher nicht in gutbürgerlichen Gefilden bewegen. Was die Frage aufwirft: Rechtfertigt das Gebotene den Preis oder rechnet hier wieder mal ein Wirt den üblichen München-Zuschlag dazu? Um es vorwegzunehmen: Im Ferdinand gibt es keinen Grund, sich über die Rechnung zu ärgern, der Genuss wiegt den finanziellen Einsatz mehr als auf.

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Was muss man in einem österreichischen Lokal unbedingt probieren? Natürlich das Wiener Schnitzel (21,50 Euro). Im Ferdinand wird es mit Petersilienkartoffeln und Preiselbeeren serviert und es ist so, wie ein Wiener Schnitzel sein muss: das Fleisch dünn und zart, die Panade luftig und kross. Auch der Kalbstafelspitz (24,50) mit Spinat und Erdäpfel-Stampf (österreichisch für Kartoffelbrei) ist vom Allerfeinsten: Das Fleisch zerfällt fast von selbst, ohne faserig zu sein, der Spinat ist so fein gewürzt, dass man dem Koch gerne über die Schulter geschaut hätte, was er alles hineingestreut hat.

Ziemlich perfekte Küche

Die Schweinerei, die aus 36 Stunden gegarten Bauch, Schweinsbackerl und Schweinsfuß besteht und mit Weißkraut und Bröselknödel serviert wird (22,50), wird auch Leute positiv überraschen, die mit eher deftigen Gerichten sonst weniger am Hut haben. Das Kalbsgeschnetzelte mit frischen Steinpilzen (24,50) entfaltete schon beim Servieren ein betörendes Aroma und das Fiaker Rindergulasch mit Essiggurke und Spiegelei (18,50) kam pikant auf den Tisch, ohne von zu viel Schärfe getötet zu werden. Auch bei einem anderen Wiener Klassiker, dem Backhendl mit Kartoffel-Feldsalat (korrekt: Erdäpfel-Vogerlsalat) gab es nicht das Geringste auszusetzen.

In das Bamberger Haus ist wieder ein standesgemäßes Lokal eingezogen. (Foto: Stephan Rumpf)

Das klingt alles nach ziemlich perfekter Küche und doch bleibt auf so manchem Teller einiges zurück. Das hat einen simplen Grund: Die Portionen im Ferdinand sind so gewaltig, dass sie einen Durchschnittsesser überfordern. Insbesondere dann, wenn man sich vorher zu einer Vorspeise entschließt. Auch hier halten die Wirte nicht viel von ziselierter Kleinkunst auf dem Teller. Egal, ob man die Szegediner Fischsuppe mit Sauerkraut und Schmand (9,50), die Kopfsalat-Erbsensuppe (9,50), den Vogerlsalat mit Speck (9,50) oder das Rindertartar (14,50) wählt, zum Sattwerden braucht es danach nicht mehr viel. Dazu trägt auch das Brot bei, das im Ferdinand als Teigling angeliefert und dort fertig gebacken wird, so dass es immer frisch auf den Tisch kommt.

Man denkt über die Portionsgrößen nach

Die üppige Speisenfolge dämpft die Lust auf einen Nachtisch beträchtlich, was vielleicht erklärt, warum auch nur drei Desserts auf der Karte stehen. Der Klassiker unter ihnen, der Kaiserschmarrn, musste natürlich trotzdem noch gekostet werden, wobei da selbst die kleine Portion (8,50) locker für zwei Leute ausreicht.

In Kürze soll die Karte geändert werden, dann werde es auch Mittagsgerichte geben und auch über die Portionen denke man nach, erläutert das Personal. Das ist im Ferdinand ganz anders als in vielen Lokalen der gehobenen Preisklasse, wo die Kellner oft arroganter sind als die Gäste: aufmerksam, aber nicht aufdringlich, freundlich, aber nicht ölig, höflich, aber nicht devot. So könnte es zu k.u.k.-Zeiten gewesen sein, denkt man sich, wozu auch das Ambiente beiträgt. Man sitzt unter einer reich verzierten Holzdecke, in der Mitte des Raums hängt ein riesiger Kronleuchter. Woanders würde das kitschig wirken, aber hier im Bamberger Haus, einem Bau im Stil des fränkischen Barock, passt es gut hin.

© SZ vom 05.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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