Kostenlawine:S-Bahnhof-Umbauten verschlingen Millionen

Die geplante Modernisierung der S-Bahn-Tunnelstationen wird teuer: Bei erheblichen nachträglichen Veränderungen erlischt der Bestandsschutz, d.h. es treten neue, strengere Brandschutzvorschriften in Kraft. Die Folge: Große Teile der Innenausstattung müssen mit Millionen-Aufwand ausgetauscht werden.

Von Dominik Hutter

Kandidat eins: der S-Bahnhof Marienplatz, Quell ewigen Staus vor den Ausgängen. Hier will die Deutsche Bahn zwei zusätzliche Rolltreppen von den Ausstiegs-Bahnsteigen ins Zwischengeschoss nachrüsten - und das möglichst noch bis zur Fußball-WM 2006. Kein einfaches Unterfangen in dem vielgeschossigen Gewirr aus Zugängen und Tunnelröhren.

Und noch komplizierter, sobald man die verschärften Brandschutzvorschriften des Eisenbahn-Bundesamtes berücksichtigen muss. "Wenn wir den Bahnhof einmal angreifen, müssen wir gleich komplett umbauen", bestätigt S-Bahn-Sprecher Horst Staimer. Heißt: Wahrscheinlich muss die Decken-Aufhängung verändert werden, die gesamten Wand- und Deckenverkleidungen stehen zur Debatte.

Kostenschätzungen gibt es Staimer zufolge noch nicht - aber dass es sich um einen mehrstelligen Millionenbetrag handeln dürfte, steht außer Frage.

Die Münchner Verkehrsgesellschaft MVG, Betreiberin der U-Bahn, hat ihre Pläne für eine Neugestaltung des Marienplatz-Zwischengeschosses erst mal zurückgestellt. Bislang ist noch nicht einmal klar, wo die neuen Rolltreppen die Kiosk-Ebene erreichen sollen. Die eigentlich schon gekündigten Mietverträge für die orangefarbenen Würstl- und Semmelbuden wurden noch einmal bis zum 30.Juni 2005 verlängert.

Ob dieser Terminplan zu halten ist, ist allerdings fraglich. Denn die neuen Anforderungen an den Brandschutz erhöhen den Aufwand des ohnehin ehrgeizigen Vorhabens ganz erheblich. "Derzeit wird geprüft, ob das zeitlich überhaupt noch klappen kann", berichtet Staimer. Denn die verkehrspolitische Horrorvision will man dann doch nicht Realität werden lassen: laufende Bauarbeiten im MVV-Netz während der Fußball-WM.

Also gilt: Entweder muss bis 2006 alles fertig sein - oder man fängt lieber erst nach dem Fußball-Spektakel an. Die ebenfalls mit Termin 2006 laufende Erweiterung der U-Bahnsteige am Marienplatz ist von der Rolltreppen-Debatte nicht betroffen.

Für die Deutsche Bahn wird das Brandschutz-Problem kein Einzelfall bleiben: Was am Marienplatz Preise und Bauzeit nach oben treibt, dürfte in den kommenden Jahren bei sämtlichen S-Bahn-Tunnelstationen anstehen. Einziger Ausweg: Man lässt die Bauten, wie sie sind - dann bleibt der Bestandsschutz in Kraft. Diese Lösung allerdings kommt nicht in Frage für die Bahn, die bei ihren Stationen gleich zwei Bauprogramme in petto hat:

Der vom Freistaat unterstützte behindertengerechte Ausbau von 69 S-Bahnhöfen (100Millionen Euro) und die geplante, allerdings noch nicht finanzierte Modernisierung weiterer 59Stationen für 23Millionen Euro. Für Letzteres wurde eine bundesweite Bahnhofs-Untersuchung vorgenommen, bei der München mit sehr mäßigem Resultat davonkam.

Spätestens 2008 will sich die Bahn mit dem Eisenbahn-Bundesamt über alle Details des Brandschutzes einig sein. Am Rosenheimer Platz, wo kürzlich neue Aufzüge eingeweiht wurden, hat man sich vorerst mit "singulären Maßnahmen" beholfen, wie es Staimer nennt. Dieses Vorgehen gilt aber nicht als zukunftsträchtig: Da der Komplett-Schutz trotzdem fällig wird, müssen die Bauarbeiter noch ein zweites Mal anrücken.

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