Gastronomie:Darum ist das Wasser in Münchner Restaurants so teuer

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(Foto: Alessandra Schellnegger)
  • In Münchner Restaurants kostet eine 0.75-Literflasche Wasser schon einmal knapp zehn Euro.
  • Ein Grund dafür sind die Bierpreise. Viele Wirte zahlen höhere Preise für Bier als der normale Kunde im Supermarkt - allzu viel wollen sie von ihren eigenen Kunden aber nicht verlangen.
  • Das legen die Gastronomen dann oft auf Wein- und Wasserpreise um.

Von Franz Kotteder

Kurz vor Ostern wird einer der berühmtesten Köche der Welt wieder in München vorbeischauen. Der in Japan geborene und seit vielen Jahren in Los Angeles lebende Nobuyuki Matsuhisa wird dann nach dem Rechten sehen in dem nach ihm benannten Gourmetlokal Matsuhisa im Luxushotel Mandarin Oriental. Der Mann betreibt weltweit mittlerweile mehr als 50 Restaurants und Hotels unter seinem Namen und kann sich ein paar Extravaganzen leisten. So werden für ihn im Hotel ein paar Sneakers von New Balance vorgehalten, die er dann einmal im Jahr trägt. Und Mineralwasser der Marke Fiji, importiert von den Fidschiinseln. Die sind relativ weit weg von München, aber das Wasser gilt in den USA als besonders rein und als besonders gesund.

Dabei ist Fiji gar nicht mal so besonders edel, was den Preis angeht. Der halbe Liter ist im Versand schon für 1,69 Euro zu haben, obwohl es doch vom anderen Ende der Welt herangeschafft wird. Wer in München im Restaurant Wasser bestellt, kann über solche Preise nur lachen - schaut man sich auf der Rechnung an, was eine ganz normale Flasche Wasser gekostet hat, so möchte man fast glauben, der Kellner sei versehentlich auf die Weinkarte gerutscht. Ein Zehner für die Flasche ist oft gar nicht so ungewöhnlich.

Warum ist Wasser, das im Getränkemarkt oft am billigsten ist, in den Münchner Restaurants so teuer? 9,50 Euro für die 0,75-Literflasche sind praktisch normal. Etwas verkürzt kann man sagen: Schuld daran ist das Bier. In der Gastronomie rechnet man beim Wareneinsatz - den Kosten für den Einkauf von Speisen und Getränken - mit etwa 20 bis 25 Prozent der Gesamtausgaben, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Bei den Getränken ist man in München aber beim Bier oft schwer eingeschränkt in der Kalkulation: Ist das Lokal brauereigebunden und der Wirt zur Getränkeabnahme verpflichtet, zahlt er in der Regel höhere Preise fürs Bier und selbst für alkoholfreie Getränke als der normale Kunde im Supermarkt. Zugleich darf er dafür vom Gast nicht allzu viel verlangen, sonst gilt er als Gauner und hat ihn die längste Zeit als Gast gehabt. Also holt er sich den nötigen Aufschlag beim Wein - der Einkaufspreis wird in München oft mit dem Faktor vier multipliziert - und vor allem beim Wasser wieder herein. Eberhard Mayer, Finanzdirektor der Kuffler-Gruppe, einem der größten Münchner Gastrounternehmen, sagt: "Bei der Kalkulation richtet man sich natürlich danach, welches Getränk sich gut verkauft. Von Limo setzt man immer weniger um als von Wasser, deshalb ist Wasser eher teurer." Außerdem ist Limo oft das eine Getränk, das nach Gesetz billiger als Bier angeboten werden muss, und Kinderfreundlichkeit kann man damit auch demonstrieren.

Was ein einzelnes Getränk kosten darf, ist regional übrigens oft sehr unterschiedlich. "In Bayern und speziell in München ist das Bier vergleichsweise günstig", sagt Eberhard Mayer, "der Wein hingegen eher teuer, weil er zwar auch viel getrunken wird, man aber höhere Preise verlangen kann als beim Bier. Im Rheinland, wo mehr Wein getrunken wird als Bier, ist das umgekehrt."

Jedenfalls ist es angesichts dieser Lage verständlich, dass sowohl Wasserproduzenten als auch Wirte ein Interesse daran haben, den Ruf von Wasser aufzubessern. Edelwässer wie Fiji gibt es inzwischen eine ganze Reihe. Einen Tag vor dem Weltwassertag am vergangenen Freitag etwa lud die Nobelmarke Hallstein zur Präsentation ins Luxushotel The Charles. Die österreichisch-amerikanische Unternehmerfamilie Muhr hat es erfunden oder besser: gefunden. Ein Team von Wissenschaftlern, so die Kunde, habe sich weltweit 16 Jahre lang auf die Suche nach dem reinsten und gesündesten Wasser gemacht und sei im österreichischen Dachstein-Gebirge in 214 Metern Tiefe fündig geworden. Das Wasser stammt aus einer artesischen Quelle, was bedeutet: Sie liegt unterhalb des Grundwasserspiegels, das Wasser steigt deshalb von alleine nach oben, man braucht keine Pumpen. Auch das trägt zur Reinheit bei.

Nun wollen die Muhrs ihr Wasser gerne weltweit vermarkten, und so touren Sohn Philipp und Tochter Stephanie gerade durch Europa, zeigen dramatische Werbeclips im Hollywoodstil, preisen in lustigem Business-Amerikanisch ihr Produkt an, das für 5,30 Euro pro Liter zu haben ist und in großen, Fünf-Gallonen-Plastikflaschen (Inhalt: etwa 19 Liter) verkauft wird. Und wie schmeckt's, das Hallstein? Wie ganz normales Wasser.

Dem Tafelwasser steht in der Gastronomie eine große Zukunft bevor

Auch das Fiji-Wasser stammt übrigens aus einer artesischen Quelle, wird aber in wesentlich kleineren Plastikflaschen vertrieben. Letzteres ist auch der Grund, weshalb das Münchner Mandarin-Oriental-Hotel Fiji ausschließlich für Nobuyuki Matsuhisa bereithält, aber nicht mehr fürs normale Publikum. Man lege inzwischen großen Wert auf Nachhaltigkeit und wolle mit gutem Beispiel vorangehen, heißt es. "Wir bieten im ganzen Hotel regionales Adelholzener Wasser an", sagt Sprecherin Isabelle Winter, "das verkaufen wir auch am meisten." Wenn internationale Gäste nach anderem Wasser fragen, könnten sie auf besonderen Wunsch auch zwischen vier verschiedenen Wässern in Glasflaschen wählen. Und im Matsuhisa-Restaurant, sagt Winter, gibt es eine eigene "Lunch Beverage Box" für 5,50 Euro, die gefiltertes Tafelwasser, still oder mit Kohlensäure, sowie Kaffee oder Tee beinhaltet.

Dem Tafelwasser - also normalem Trinkwasser, das mit Zusatzstoffen angereichert werden kann, steht in der Gastronomie ohnehin eine große Zukunft bevor. Schon wegen der Novellierung der europäischen Trinkwasserrichtlinie. Die regt ja an, Gaststätten sollten Tafelwasser unentgeltlich oder gegen eine geringe Gebühr anbieten. Der deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) sieht das skeptisch. Der Münchner Kreisvorsitzende Christian Schottenhamel meint: "Ich glaube nicht, dass irgendein Wirt nein sagen würde, wenn man ihn um ein Glas Wasser bittet. Aber schon wieder einen Erlass wollen wir ganz sicher nicht." Letztlich verursache auch eine freiwillige Dienstleistung Kosten, das sei überall so: "Diejenigen, die behaupten, in Italien und Frankreich sei das Wasser in den Restaurants kostenlos, lügen. Dort ist das halt im Preis fürs Gedeck enthalten."

Ganz andere Wege geht schon seit fünf Jahren das Restaurant Broeding in Neuhausen. Dort gibt es jeden Tag ein anderes Menü auf hohem Niveau und fast ausschließlich österreichische Weine. Bis vor fünf Jahren führte man österreichisches Mineralwasser der Marke Römerquelle in Flaschen, dann legte man sich für 2500 Euro eine Zapfanlage mit Kühlung, Aufsprudler und Partikelfilter für Leitungswasser zu. "Seither haben wir nicht eine Flasche anderes Wasser verkauft", sagt Chefkoch und Teilhaber Manuel Reheis. Das Tafelwasser, mit oder ohne Kohlensäure, ist im Menüpreis schon enthalten, steht auf der Karte. Reheis: "Natürlich schenken wir das Wasser nicht her, es verursacht schon Kosten, aber die legen wir eben aufs Menü und auf die anderen Getränke um."

Vielleicht sollten die Broedinger ihr Wasser, wegen der Nähe zum Schloss von ihnen scherzhaft "Nymphenquelle" genannt, noch besser vermarkten - und einfach an andere Lokale weiterverkaufen?

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