Korruptions-Vorwurf:Sozialwohnungen gegen Bares

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Bei der Vermittlung von Sozialwohnungen soll der Verwaltungshauptsekretär Franz N. kräftig manipuliert haben: In 43 Fällen gab es Bevorzugung gegen Geld, so die Staatsanwaltschaft.

Stephan Handel

Ein ehemaliger städtischer Beamter muss sich am heutigen Donnerstag wegen Bestechlichkeit vor dem Landgericht verantworten. Dem 49-jährigen Franz N. wird vorgeworfen, von Bewerbern für Sozialwohnungen Geld angenommen zu haben, damit er als Mitarbeiter im Wohnungsamt der Stadt sie bei der Vergabe der Immobilien bevorzugt.

Der Beamte arbeitete seit 1990 im Wohnungsamt an der Franziskanerstraße. Dort war er von 2002 an zuständig für die Vergabe von Sozialwohnungen. Dieses Verfahren gliedert sich in zwei Schritte: Zunächst muss der Bewerber einen Antrag stellen, dann wird er anhand seiner Angaben in eine Dringlichkeitsstufe eingeordnet.

Wenn nun eine Wohnung zu vergeben ist, werden die Bewerber nach der Dringlichkeitsstufe ausgewählt. Allerdings hat der Sachbearbeiter dabei die Möglichkeit, die Reihenfolge der Kandidaten zu verändern - etwa, wenn eine Wohnung nicht über einen Lift verfügt, der Bewerber aber auf diesen angewiesen wäre. Auch die schon bestehende Mieterstruktur ist ein Kriterium für die Auswahl.

Dabei soll Franz N., so die Anklage, kräftig manipuliert haben. Der Staatsanwalt wirft ihm 43 Fälle vor, in denen er gegen Geld Bewerber bevorzugt habe. In vier Jahren soll er so rund 16.000 Euro zusätzlich zu seinem Gehalt als Verwaltungshauptsekretär kassiert haben, in Einzelbeträgen zwischen 100 und 700 Euro.

Anklage wegen Bestechlichkeit und Vorteilsnahme

Die Anklage unterscheidet zwei Tatvorwürfe: den der Bestechlichkeit und den der Vorteilsannahme. Bestechlichkeit bedeutet, dass der Beamte pflichtwidrig gehandelt hat, also Wohnungen an Bewerber vergeben hat, die nicht berechtigt waren. Bei der Vorteilsannahme hingegen wurden die Wohnungen zu Recht vergeben, die Zahlungen an N. waren dennoch verboten.

Alle Bewerber, die an N. gezahlt haben, werden in der Anklageschrift "anderweitig Verfolgte" genannt - das heißt, dass der Staatsanwalt auch gegen sie ermittelt. Und auch das Wohnungsamt könnte ihnen noch Schwierigkeiten machen: In den Fällen, in denen Franz N. die Wohnungen pflichtwidrig, also zu Unrecht vergeben hat, will Behördenleiter Ferdinand Rotzinger prüfen lassen, ob die Wohnung mithilfe eines sogenannten Freimachungsverfahrens entzogen werden kann.

Dazu soll jedoch erst das Gerichtsurteil abgewartet werden. Der Prozess ist nur auf einen Tag angesetzt, was darauf hindeuten könnte, dass es eine Absprache zwischen Verteidigung, Staatsanwalt und Gericht gibt: Geständnis gegen geringere Strafe.

Unabhängig vom Urteil gegen Franz N. hat Behördenleiter Rotzinger im Wohnungsamt Änderungen eingeführt, um künftigen Korruptionsfällen entgegenzuwirken. So müssen nun alle Einordnungen in Dringlichkeitsstufen den jeweiligen Gruppenleitern vorgelegt werden; diese sind angewiesen, 50 Prozent der Fälle nachzuprüfen. "Wenn aus dem Urteil noch andere Schwachpunkte in der Organisation hervorgehen", sagt Ferdinand Rotzinger, "dann werden wir dem ebenfalls nachgehen."

© SZ vom 20.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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