Konzertsaal:Un poco ritardando

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Architekt Braunfels verteidigt sein Vorgehen gegen den Freistaat beim Konzerthaus-Projekt. Der Zeitplan dafür könnte wackeln - was nicht alle bedauern

Von Alfred Dürr

Stephan Braunfels sitzt im Besprechungszimmer einer Rechtsanwaltskanzlei am Max-Joseph-Platz mit Aussicht auf die prächtigen Gebäude der Staatsoper, der Residenz und des frisch renovierten Palais' an der Oper. Doch für besinnliche Blicke aus dem Fenster hat der Architekt nichts übrig. Er erläutert konzentriert seine Sicht auf die aktuelle Aufregung um den Wettbewerb für Münchens neues Konzerthaus. Eine Aufregung, die er mit einer Klage gegen den Freistaat ausgelöst hat - im Sinne aller Architekten, die unter solchen Wettbewerben litten. "Ich bin nicht der Buhmann", sagt er, auch wenn nun der Zeitplan für das Projekt durcheinander geraten könnte. Doch den hielten ohnehin viele für etwas zu ehrgeizig.

Der 66-Jährige war als Bewerber nicht zum Architektenwettbewerb für die neue Philharmonie zugelassen worden, die von 2018 an im Werksviertel am Ostbahnhof entstehen soll. Gegen die Entscheidung hatte er geklagt - und in großen Teilen Recht bekommen. Die Vergabekammer Südbayern bei der Regierung von Oberbayern verpflichtete den Freistaat zur erneuten Prüfung, ob Braunfels am Wettbewerb teilnehmen darf - und zwar rechtzeitig bevor die Jury im Mai schon einen Sieger kürt. So unklar auch noch ist, ob der Architekt nun doch teilnehmen darf: Der frühere Kunstminister Wolfgang Heubisch (FDP) hält es für unwahrscheinlich, dass der Termin für die Grundsteinlegung für den Konzertsaal im Mai 2018 noch eingehalten werden kann. Nach der Entscheidung der Vergabekammer sei zu erwarten, dass weitere Architektenbüros im Sinne Braunfels klagten. "Die eine oder andere Ehrenrunde beim Wettbewerbsverfahren ist programmiert", prophezeit Heubisch.

Michael Piazolo, Landtagsabgeordneter der Freien Wähler und Vorsitzender des Wissenschaftsausschusses im Landtag, ist deshalb auf den zuständigen Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) sauer und fordert, "den Sachverhalt schnellstmöglich zu klären": "Dass Stephan Braunfels mit seiner Klage teilweise recht bekommen hat, zeigt, dass das Ministerium unsauber gearbeitet hat", so Piazolo.

Im Kultusministerium will man davon nichts wissen, sondern verweist auf die kniffligen juristischen Fragen des Vergaberechts. Die gelte es nun ebenso wie den Richterspruch genau zu prüfen. Im übrigen lägen bislang keine weiteren Klagen gegen das Projekt vor. Die Folgen für den Zeitplan seien noch nicht abschätzbar.

Tatsächlich hatten Münchner Architekten wie auch mancher aus dem Umfeld des Konzerthaus-Lenkungsausschuss bereits im vergangenen Herbst vor einem zu großen Termindruck gewarnt, der womöglich auf Kosten der Qualität gehen könnte. Unklar ist so etwa, wie und wann in Projekt und Wettbewerb Akustiker miteinbezogen werden können. Und schließlich könnte der Bauplatz im Werksviertel noch gar nicht bereit sein. Dort muss zumindest erst der Rohbau für den 80 Meter hohen Hotelturm neben der Philharmonie hochgezogen sein, ehe ein Spatenstich für diese gesetzt werden kann.

An ihm liege es jedenfalls nicht, wenn es nun zu Verzögerungen komme, sagt Stephan Braunfels. Es wollte vielmehr zeigen, wie problematisch das Wettbewerbsverfahren des Freistaats bei so einem Projekt grundsätzlich sei. Nach einem Kriterienkatalog wird entschieden, wer am Wettbewerb teilnehmen kann. Zu kritisieren seien vor allem die Kriterien zu "planerischen und gestalterischen" Fähigkeiten der möglichen Teilnehmer, sagt Braunfels. Es werde nicht transparent, was mit "Originalität, Innovation, gestalterische Qualität und Übertragbarkeit dieser Aspekte auf das Konzerthaus" überhaupt gemeint sei, so der Architekt.

© SZ vom 07.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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