Konzerte und Tipps zur griechischen Szene:Musik aus Hellas in München erleben

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Der Klang der Bouzouki versetzt die Hörer umgehend nach Griechenland. (Foto: imago stock&people/imago/ZUMA Press)

Griechenland wirkt ganz nah: Vicky Leandros kommt auf ihrer Abschiedstournee nach München, Mikis Theodorakis' Muse Maria Farantouri ebenso wie der charismatische Lautenvirtuose und Sänger Giannis Haroulis. Doch das ist längst nicht alles.

Von SZ-Autorinnen und -Autoren

Mikis' Muse

Eine symbiotische Beziehung: Der griechische Komponist Mikis Theodorakis und die Sängerin Maria Farantouri bei einem ihrer vielen unvergesslichen Konzerte, hier im Jahr 2000 in "Ferropolis" bei Dessau. (Foto: Wolfgang Kluge/DPA)

Maria Farantouri war gerade einmal 16 Jahre alt, als Mikis Theodorakis sie zu sich nach Hause einlud und einem todtraurigen Mann vorstellte, dem Dichter Iakovos Kambanellis. Der hatte großes Leid erlebt im Konzentrationslager Mauthausen und darüber Gedichte verfasst, die sein Freund, der große Komponist, nun vertonte. Für die einzigartige, dunkle, warme, kraftvolle Stimme von Maria, die zu seiner Stimme und zur Stimme Griechenlands wurde.

Bei ihrem Konzert in der Isarphilharmonie am 7. Mai singt Farantouri Lieder aus allen Schaffensphasen von Theodorakis, vor allem aber auch dieses "Ásma Asmáton" aus dem Mauthausen-Zyklus, in dem Kambanellis, mitten in den unbeschreiblichen Schrecken des Lagers, die Kraft der Liebe beschwört. An dem Abend in München, der Theodorakis gewidmet ist, wird Maria Farantouri begleitet vom Tenor Thanasis Voutsas, der jungen Sängerin Alkyone und fünf Instrumentalisten. czg

The Best of Mikis Theodorakis, 7. Mai, 19 Uhr, Isarphilharmonie, Karten und Infos unter www.muenchenticket.de

Rockpoet mit kretischer Laute

In seiner Heimat ein großer Star: Giannis Haroulis, hier bei einem Konzert in Nürnberg 2015. (Foto: imago/Schreyer)

In seiner Heimat ist Giannis Haroulis einer der erfolgreichsten Künstler überhaupt. Wenn der charismatische Lautenvirtuose und Sänger nun am 12. Mai im Circus Krone einen Tour-Stopp einlegt, wird Münchens griechische Community gewiss zusammenströmen. Haroulis, der sich mit neun Jahren das Spiel auf der kretischen Laute selbst beigebracht hat, hörte, bis er 18 war, nur die traditionelle Musik seiner Insel. Später kamen viele andere Einflüsse hinzu, der Jazz etwa und vor allem der Rock. Heute steht der Mann mit der rauen Stimme für einen ganz eigenen Soundmix, der sich auch im Instrumentarium seiner Band widerspiegelt: kretische Laute, Dudelsack, Flöten, aber auch E-Gitarre, Drums und Cello. Es könnte etwas dionysisch werden im Krone-Bau, bitte nicht wundern über inbrünstigen Saalgesang und tanzende Menschen. czg

Giannis Haroulis, 12. 5., 20 Uhr, Circus Krone, Karten unter www.muenchenticket.de

Eine, die das Leben liebt

Dreimal ausverkaufte Elbphilharmonie in diesem März: Auf ihrer "Ich liebe das Leben"-Abschiedstournee kommt Vicky Leandros im Oktober auch nach München, ins Deutsche Theater. (Foto: Markus Scholz/dpa)

Vicky Leandros ist auf Abschiedstournee ("Ich liebe das Leben"), nach knapp 60 Bühnenjahren. Am 16. Oktober singt die Lieblingsgriechin der Deutschen (nach Nana Mouskouri) auch in München. Und um es gleich zu vorwegzunehmen, nein, das schauderhafte "Theo, wir fahr'n nach Lodz" wird nicht zu hören sein im Deutschen Theater. Denn, auch wenn Leandros im Laufe ihrer langen Karriere etliche Zugeständnisse an den Schunkelschlager gemacht hat, stand sie mit ihrer großen, typisch nasalen Stimme dem französischen Chanson doch stets näher als dem ganzen dumpfen Hitparaden-Mist.

Nicht von ungefähr soll sie 1972 beim europäischen Song-Contest darauf bestanden haben, ihr Siegerlied "Après toi" nicht auf Deutsch, sondern auf Französisch zu singen. (Sie startete für Luxemburg). Und wo bleibt das Griechische bei der Frau, die 1952 unter dem Namen Vassiliki Papathanasiou auf Korfu geboren wurde? Natürlich hat auch sie Lieder von Mikis Theodorakis aufgenommen, des Meisters "O Kaimós" hat sie sogar in vier Sprachen gecovert. czg

Vicky Leandros, "Ich liebe das Leben!"-Abschieds-Tournee, 16. 10., 20 Uhr, Deutsches Theater, Karten unter www.deutsches-theater.de

Tiefe Töne

Die Musik trug den griechischen Jazz-Bassisten Petros Klampanis fort von seiner Heimat im Ionischen Meer. (Foto: George Lizardos)

Im Konzert der rasant erstarkten europäischen Jazzszene spielt Griechenland eher eine untergeordnete Rolle. Ein paar international erfolgreiche Cracks gibt es aber doch, wie den Trompeter Christos Anastasiadis, der auch schon in München zu sehen war. Speerspitze ist aktuell der Bassist Petros Klampanis, und das hat auch starke Münchner Bezüge. Denn der 41-Jährige aus Zakynthos, der in Amsterdam und New York studierte und heute zwischen Athen und den USA pendelt, ist eng mit den hiesigen Labels ECM und Enja Yellowbird verbunden. Als Begleiter des israelischen Saxofonisten Oded Tzur, vor allem aber in eigener Sache.

Soeben ist bei Enja sein neues, sechstes Album "Tora Collective" erschienen, auf dem Klampanis erstmals explizit die traditionelle griechische Musik in brandaktuellen Jazz überführt. Schon durch die ungewöhnliche Besetzung, in der neben seinen Trio-Buddies Kristjan Randalu am Klavier und Ziv Ravitz am Schlagzeug die griechische Sängerin Areti Ketime und ihre Landsleute Thomas Konstantinou an Oud und Laouto sowie Giorgos Kotsinis an der Klarinette auftreten. "Ich will darüber reflektieren, was griechische Musik und Kultur der Welt zu bieten haben", sagt Klampanis über sein Projekt. Und das ist spannend und mitreißend, also für alle Seiten gewinnbringend gelungen. oho

Petros Klampanis: "Tora Collective", Enja Yellowbird

Das wandelnde Rembetiko-Lexikon

Christos Davidopoulos, Optimal Plattenladen (Foto: Michael Zirnstein)

In seinem Büro plappert ein griechischer Radiosender, jedes Eck ist zugestellt mit LPs (natürlich auch die rare von Mikis Theodorakis' frühem Jazz-Trio), wenn es nicht gerade mit Büchern belegt ist, einige speziell über Rembetiko. Keine Frage, Christos Davidopoulos ist nicht nur Münchens Platten-Papst im Vinyl-Vatikan, sondern auch ein wandelndes Rembetiko-Lexikon. Als Kind kam der Grieche 1965 nach Bayern, später studierte er in München Chaosphysik und wohnte derweil beim Wirt des Lokals Anti, in dem er kellnerte und in dem ihm ein griechischer Lkw-Fahrer eine wichtige Kassette mitbrachte: alte Rembetiko-Stücke, in denen man einst noch "Heroin" sang, wo später mit "Ouzo" aufgehübscht wurde.

Davidopoulos vergrub sich in die Geschichte der Kaschemmenmusik aus Piräus, sammelte alte Schellacks; und als Geschäftsführer des Plattenladens Optimal an der Kolosseumstraße hat er heute freilich zwei Album-Tipps: "Death is bitter" von Markos Vamvakaris; für ihn "vielleicht der allerwichtigste Rembetiko-Musiker", in den Dreißigern, als der griechische Halunken-Blues noch rau und verrucht und noch nicht wie im Krieg verboten war. Und den Sampler "Ena Tefariki" aus den Fünfzigern, mit all den Heimatliedern der inzwischen schick gewandeten, gut aufgelegten, auch mal die Farfisa beorgelnden Rembetiko-Helden, die seiner Mutter in Deutschland die Tränen in die Augen trieben. Einen Tipp legen wir drauf: "Rembetika - Songs of The Greek Underground", welche Davidopoulos (Veranstalter auch des Benefiz-Festivals "Highway To Hellas") für den Münchner Trikont-Verlag kompiliert und mit seinen Geschichten gekrönt hat. zir

The Grexits & Ta Mourmourakia

Wie war's bei der "Haschischmesse"? The Grexits singen darüber. (Foto: Andreas Staebler)

The Grexits sind gewiss keine Puristen, wenn es um Rembetiko geht. Die Szene-Band um Nikos Papadopoulos spielt zwar schon auch mal den Jiorgos-Katsaros-Klassiker "Htes To Vrady Stou Karipi" ("Gestern Abend bei Karipis") waschecht nach. Aber weil es darin um eine sogenannte Haschischmesse geht, passt das traditionelle Stück eben auch prima zum wilden Restprogramm der Münchner: "A Hard Days Night" als hartes Arbeiterkampflied, Surf-Instrumentals, Jazz-Space-Rock ("Kati Na Sou Pop"), generell Anklagelieder auf Griechisch mit punkiger Haltung. Das Schaffen der Grexits ist schon auf zwei Alben dokumentiert (bei Gutfeeling Records und dem Label Echokammer von Grexits-Gitarrist Albert Pöschl). Bisweilen überrumpeln sie einen live (etwa am 18. Mai im Import/Export).

Fast noch häufiger tritt Papadopoulos mit seiner noch älteren Gruppe auf, etwa bekannt geworden im HFF-Film "Bach & Bouzouki": Sie nennen sich Mourmourakia, was vom griechischen Wort für "murmeln" abgeleitet ist. Man muss schon dem Raunen folgen, um sie zu finden, etwa beim Greek Kitchen Hirschenwirt oder im Ola ta Kala Bistro. Dort bekommt man dann technisch blitzsauberen, herzergreifenden, reinsten Rembetkio mit Gesang, Geige, Gitarre und natürlich Bouzouki auf die Ohren. zir

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