Wer sehen will, wer so alles was werden will im deutschen Pop, kann natürlich den ESC-Vorentscheid einschalten. Der startet am Freitag, 14. Februar, und zieht sich diesmal ganz schön in die Länge: über vier Shows auf RTL und in der ARD, was natürlich alle nervt, die das nun gar nicht interessiert. Die Münchner Band Cosby war sich zunächst auch nicht sicher, ob das etwas für sie ist. Grundzweifel bei Pop-Wettbewerben sind ja immer angebracht. Schließlich sagten die veganen Vier aber zu, nicht weil sie noch was werden wollen, nach 14 Do-it-yourself-Jahren sind sie eh schon gut im Geschäft, sondern weil sie den richtigen Song mit Botschaft haben: „I’m Still Here“.

Münchner Band bei Stefan Raabs Vorentscheid-Show:So wollen Cosby den ESC gewinnen
Erst brachten sie Malik Harris zum Grand Prix, jetzt wollen sie selbst für Deutschland in Basel singen. Die Münchner Musiker von „Cosby“ treten mit einem Song an, mit dem sie nur gewinnen können.
Warum das in dieser Rubrik mit Konzert-Empfehlungen für München steht? Nicht nur, weil man dann fairerweise auch einmal auf den zweiten ESC-Kandidaten aus Bayern hinweisen kann: die Mittelalterrocker Feuerschwanz aus Nürnberg (und die spielen schließlich am 17. Oktober im Münchner Zenith). Sondern auch, weil man vom ESC immer einen eleganten Schlenker zur Grand-Prix-zugeneigten queeren Community einbauen kann, und hiermit eine wichtige Demo in diesen Text einschmuggelt: Die LGBTIQ-Freundinnen und -Freunde versammeln sich am Samstag, 15. Februar, symbolträchtig um 5 vor 12 Uhr am Gärtnerplatz, um eine Woche vor der Bundestagswahl für Zusammenhalt, Demokratie und gleiche Rechte zu demonstrieren. Das Motto: „Wähl’ Liebe!“
Cosby haben sich aber immer auch als Talent-Förderer verstanden, mit dem von ihnen entdeckten Singer-Songwriter Malik Harris ist ihnen das prima gelungen. Mit ihrer Hilfe kam der junge Landsberger 2023 zum ESC-Finale in Turin, wo er krachend verlor, aber die Herzen des Publikums gewann. Wie immer es für Cosby in Köln beim Vorentscheid ausgeht, am 27. Februar präsentieren sie im Münchner Ampere des Muffatwerks ihre nächsten Entdeckungen: Beim The Next Gen Showcase werden Melli, Connor Skinner und Luvebite mit modernem Pop zeigen, ob die Hoffnungen in sie berechtigt sind.

Ganz ohne Wettbewerbsdruck sind Ende Februar noch weitere Entdeckungen der Pop-Szene zu machen. Auch im Ampere spielt Paul Wetz (20. Februar), der durch die Soft-Trap-Folk-Nummer „Ode an den Bass“ bekannt wurde, mit der schönen Botschaft: „Bass vertreibt den Kummer und den Hass.“ Schon länger bekannt ist Matze Rossi (28. Februar, Ampere), seinen folkigen Song „Milliarden“ hören die Personen im zugehörigen Video aber das erste Mal (die Idee hat man sich bei Connor „Bright Eyes“ Oberst gemopst) – und sie reagieren höchst gerührt und auf mahnende Zeilen wie: „Kinder, Männer, Frauen ertrinken täglich auf der Flucht, in dem Meer, in dem du deinen nächsten Urlaub buchst.“

’N Bisschen eklig erscheint, was in der Milla so hervorkriecht – klingt aber doch spannend (28. Februar): Schnecken im Hochbeet seien eine tierfreundliche Formation, die Bark-Wave, Köter-Pop und Rotzkäfer-Rock spielt. Dagegen spinnen Spinnen keineswegs. Die in München wohlbekannten Veronica Burnuthian (Friends of Gas) und Sophie Neudecker (Uschi) rufen in diesem neuen Duo zum Tanzen und „Handeln für eine inklusive und gerechte Welt“ auf.
Mit ihrem Abfuck-Hit „Pisse“ und dem Duo Schnipo Schranke war Fritzi Ernst vor zehn Jahren schon mal ein Indie-Star. Jetzt erfindet sich die Paderbornerin auf dem zweiten Solo-Album „Jo-jo“ neu, es geht ums Schlussmachen (27. Februar, Kranhalle). Mit Zeilen wie „Ich mach Sit-ups für den Fall, dass du zurückkommst / Und auch wenn nicht, ist das sicher nicht umsonst / Das hab ich nämlich noch nie gekonnt“ hat sie schon gewonnen.