Kritik:Seelenschmerz

Tabea Zimmermann beim BR-Symphonieorchester unter Iván Fischer.

Von Harald Eggebrecht

Kaum zu glauben, dass William Waltons großartiges Violakonzert, ein Portalwerk für die Emanzipation der Bratsche als Soloinstrument, noch nie beim BR-Symphonieorchester gespielt worden ist. Daran kann man eine oft furchtsame Programmpolitik sehen, zum andern jene gewisse Herablassung spüren, mit der man deutscherseits im 20. Jahrhundert Musik aus Großbritannien begegnete. Nun hat in der Isarphilharmonie die Königin der Viola, Tabea Zimmermann, mit dem BRSO unter Iván Fischers gelassener Leitung, grandios gezeigt, weshalb dieses Werk eines der maßstabsetzenden Solokonzerte der vergangenen hundert Jahre ist.

Das Stück gleicht einer romanhaften dreisätzigen Elegie, in der gleichsam die Abenteuer des sehnsuchtsvollen, zugleich melancholischen Hauptthemas erzählt werden. Und Tabea Zimmermann ist eine Erzählerin, der man durch alle wilden Virtuositäten genauso gebannt folgt wie in die am Ende geradezu bittere tiefschwarze Resignation. Was die Solistin an Vielfarbigkeit aus der Sonorität der Viola hervorzauberte, was sie an dynamischem Kontrastreichtum entwickelte, wie sie nie nachließ in der drängenden Intensität des Ausspielens im Kontakt mit dem manchmal vielleicht etwas zu mezzofortigen Orchester - es war so eindrucksvoll, dass es einen Beifallsmoment brauchte, damit sich der Bann befreiend löste und die Ovationen zwei Zugaben der großen Tabea Zimmermann auslösten: Zuerst rasenden Hindemith, dann nobelsten Vieuxtemps. Iván Fischer hörte vergnügt im Orchester sitzend zu.

Zuvor hatte der ungarische Dirgent die zweite Walzerfolge aus Richard Strauss' "Rosenkavalier" mit kernigem Schwung dirigiert. Nach der Pause mochte in Béla Bartóks Konzert für Orchester der zweite Satz noch allzu hurtig vorüber "hinken". Doch das Finale-Presto gelang fabelhaft, weil Fischer das Dickicht der Fugierungen ausleuchtete und die Blechbläser glanzvoll in Szene setzte. Großer Beifall.

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