Kritik:Im Rhythmus wippen

Antonello Manacorda gibt sein Debüt beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und überzeugt auch mit tollem Gespür für Rhythmen.

Von Rita Argauer

Warum der Anfang des Konzerts des Symphonieorchesters des BR unter Antonello Manacorda im Herkulessaal so großartig ist, hört und sieht man auch an den Pausen. Manacorda begreift das Absetzen in der Partitur von Schuberts Symphonie Nr. 3 nie als eine Unterbrechung. Die Pausen funktionieren für ihn nur durch das, was davor und danach ist. Es entsteht kein Graben, die Pausen dienen als Brücke.

Das sieht man dem Dirigenten, der hier sein Debüt beim BRSO gibt auch an - er wippt im Rhythmus weiter, er trägt die Musiker. Das erzeugt eine große Spannung. Und prägt auch seine sonstige Interpretation. Er hat ein tolles Gespür dafür, Rhythmen zu zeigen und auszukosten, ohne sich zu stark auf die Akzente zu setzen. Alles klingt leicht, durchschimmernd, räumlich - und gleichzeitig warm und einnehmend.

Diese Haltung führt unmittelbar in Ravels Klavierkonzert in G-Dur. Solist Kirill Gerstein liegt der jazzige Flow. Die Wahnsinnssynkopen im ersten Satz kriegt er völlig unverkrampft hin, indem er mitsingt, besser scattet. Es sitzt, es groovt. Das kühle oder besser coole Walzermotiv im zweiten Satz spielt er elegant. Das Orchester umgarnt ihn, wird zu einem natürlichen Verstärker der Solostimme.

Nach der Pause gibt es Ravels D-Dur Klavierkonzert (das für die linke Hand) und dann Schuberts 6. Symphonie - ein dunkles Spiegelbild zur leichten und lässigen Stimmung der ersten Hälfte. Das Klavierkonzert für die linke Hand ist fragmentierter, kühler und schärfer in den Klängen. Und aberwitzig schwierig. Doch Gersteins sehr körperlicher Ansatz trägt ihn hier besonders, denn es ist sowieso immer der ganze Körper involviert wenn er spielt - egal wie viele Hände er gebraucht.

Es ist aber auch ein dichtes Programm. Und das merkt man beim Schubert am Ende. Da ist die Spannung raus. Auch hier ist der Klang schärfer, die Akzente sind direkter. Doch die so feingewebte Interpretation von Orchester und Manacorda ist nun einem etwas plumpen Ausspielen gewichen.

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