Konzert in München:Gelungene Integration

Konzert in München: Anour Brahem überführt wie seine Oud-Kollegen Rabih Abou-Khalil und Dhafer Youssef orientalische Musik erfolgreich in den Okzident.

Anour Brahem überführt wie seine Oud-Kollegen Rabih Abou-Khalil und Dhafer Youssef orientalische Musik erfolgreich in den Okzident.

(Foto: Marco Borggreve)

Der tunesische Oud-Virtuose Anouar Brahem kommt mit drei Jazz-Stars und seinem neuen Projekt "Blue Maqams" in die Philharmonie.

Von Oliver Hochkeppel

Die Kurzhalslaute Oud ist vielleicht das wichtigste Instrument der arabischen Musik. In fast allen Ländern des Orients gibt es eigene Spielweisen, von der andalusisch-maghrebinischen Schule über die ägyptische, libanesische, syrische oder irakische bis zur türkischen. Alle aber sind sie kanonartig festgelegt, mit "Maqams", modalen Skalen voller Viertel- und Mikrotöne.

Experimente sind da ebensowenig vorgesehen wie westliche Polyphonie. Der 60-jährige Tunesier Anouar Brahem aber versuchte schon früh, auszubrechen, freilich auf der Basis einer gründlichen traditionellen Ausbildung: Bereits mit zehn kommt er aufs National-Konservatorium in Tunis, der große Meister Ali Sriti wird sein Lehrer. Mit 15 spielt er in den besten Orchestern des Landes, mit 18 wird er Berufsmusiker.

Schnell hatte Brahem dann, wie er sich erinnert, "das Gefühl, dass die arabische Musik eine Sorte von Konformismus bis hin zum Kitsch transportierte. Ich wollte Teil einer Erneuerung sein, mithelfen, eine zeitgenössische Ausdrucksform zu schaffen." Zufällig hört er Keith Jarretts "Köln Concert", ist fasziniert und wendet sich dem modernen Jazz als der Musikform zu, an die er am ehesten mit seiner andocken zu können glaubt.

Anfang der Achtzigerjahre geht Brahem nach Paris, taucht dort in die Jazz- und Weltmusikszene ein und schreibt Musik für Ballett, Theater und Film. Das "leere Blatt" wird Wesenszug seiner Musik: Alles entwickelt sich unabhängig von stilistischen Kategorien, abseits gängiger Schemata. Die stets angestrebte Balance zwischen Komposition und Improvisation, zwischen westlichen und östlichen Konzepten führt zu spezifisch schwebenden Klängen, die Brahem seit 1990 ausschließlich beim Münchner ecm-Label veröffentlicht.

Schon immer haben ihn da herausragende Jazzer begleitet, so auch bei seinem neuen Projekt "Blue Maqams": Der Kontrabassist Dave Holland, der Schlagzeuger Jack DeJohnette und der Pianist Django Bates ergeben ein echtes All-Star-Trio. Sie übersetzen die Kompositionen Brahems in eine universelle Musiksprache: von heiter folkloristisch anmutenden Melodien ("Opening Day") über melancholischen Araber-Blues ("La Nuit") bis zu dramatischen Geschichten mit pointierter Rhythmik ("Bahia"). Im Studio wie live in der Philharmonie.

Anouar Brahem, Samstag, 14. April, 20 Uhr, Philharmonie, Rosenheimer Straße 5, 089/21837300

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