Kontrollen:Die Sicherheitsarchitektur am Flughafen muss sich ändern

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Passagiere an der Sicherheitskontrolle am Eingang 11 und 12 im Terminal 2 der Lufthansa am Münchner Flughafen. (Foto: Marco Einfeldt)

Denn wenn zwischen Panne und Sperrung des Terminals 60 Minuten vergehen, in denen die Verdächtige einfach in ihren Flieger steigen kann, darf man mutmaßen: Da stimmt etwas nicht.

Kommentar von Martin Bernstein

Vielleicht war es ja so am Samstag, wie die Regierung von Oberbayern sagt: Die Kontrolleure am Flughafen, die eine Frau mit Handtasche so einfach durchspazieren ließen, waren abgelenkt. Vielleicht wollte aber ein Aufpasser auch nur nett sein und der Frau, die eh schon spät dran war, das Erreichen des Fliegers noch ermöglichen. Wie es war, wird wohl, wie bei einem ähnlichen Vorfall vor acht Jahren, ein Untersuchungsbericht in ein paar Monaten offenbaren.

Doch untersucht werden müsste viel mehr als nur mögliches individuelles Fehlverhalten, das im schlimmsten Fall fatale Folgen haben könnte. Untersucht werden müsste nach den Chaostagen am Flughafen München, ob die Sicherheitsarchitektur stimmt. Wenn zwischen Panne und Sperrung des Terminals 60 Minuten vergehen, in denen die Verdächtige einfach in ihren Flieger steigen und abheben kann, dann darf man mutmaßen: Nein, sie stimmt nicht.

Chaos am Flughafen München
:"Wir haben eigentlich nur darauf gewartet, dass so etwas passiert"

Als der Münchner Flughafen wegen eines vermeintlichen Sicherheitsrisikos dichtgemacht wird, sitzt die Frau, die den Alarm verursacht hat, schon im Flieger. Dass es zu der Panne kam, überrascht Kontrolleure nicht.

Von Martin Bernstein und Pia Ratzesberger

Viel wird momentan darüber diskutiert, wie privatwirtschaftlich Personenkontrollen am Flughafen sein dürfen, wie hoheitlich sie noch sein müssen - Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat diese Debatte vergangene Woche angeheizt. Dabei zeigen doch die beiden Münchner Vorfälle vom Wochenende und aus dem Jahr 2010, als ein Passagier mit verdächtigem Laptop einfach durchmarschierte, wie es nicht geht. Weil im Ernstfall die Alarmierungskette zu lang ist.

Die Kontrolleure der Sicherheitsgesellschaft informieren ihre Vorgesetzten, die berichten dem Luftamt, das alarmiert die Bundespolizei. Und die kann dann noch nicht mal auf ihren eigenen Bildschirmen nachsehen, sondern muss zum Videoschauen zur Luftsicherheitsstelle hinüber. So vergeht eine Stunde. Und das, obwohl Beamte der Bundespolizei die ganze Zeit nur ein paar Meter vom Ort des Geschehens entfernt postiert sind.

Wenn am Ende die Bundespolizei darüber entscheidet, ob ein Großflughafen dichtgemacht wird - wäre es dann nicht sinnvoll, wenn dieselbe Bundespolizei bereits von Anfang an im Boot wäre? Wenn sie beispielsweise an den Kontrollstellen das Sagen hätte? Hat sie übrigens fast überall. Nur nicht in Bayern, dort ist der Freistaat für die Personenkontrollen zuständig, das Luftamt Süd hat damit eine Sicherheitsgesellschaft beauftragt. Die Kontrolleure werden also von den Fluggästen finanziert - mit der bei ihnen erhobenen Luftsicherheitsgebühr. Dann sollte das Ergebnis auch mehr Sicherheit sein. Und nicht stundenlange Unsicherheit.

© SZ vom 01.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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