„In Deutschland gibt es, glaube ich, noch keine Awareness-Teams dieser Art“, sagt Aliena Corsepius. Sie ist Konfliktmanagerin in München. Die Konfliktmanager des Allparteilichen Konfliktmanagements (Akim) waren in den vergangenen Jahren immer wieder an Feier-Hotspots in München unterwegs. Ihre Aufgabe war es vor allem, dort bei Ärger zwischen Feiernden und Anwohnern zu vermitteln.
Seit diesem Jahr leitet Corsepius das Pilotprojekt „MucAware“, das an diesem Freitag startet und Teil der neuen Strategie von Akim ist. Damit kommt es einem ähnlichen Vorhaben zuvor, das sich in Erfurt noch in der Planungsphase befindet. Bei „MucAware“ sollen kleine Teams im südlichen Teil des Englischen Gartens und an der Gerner Brücke Feiernde für Diskriminierung und Grenzüberschreitungen sensibilisieren.
„Vor allem in den anfänglichen Stunden, wenn die Ansprechbarkeit noch gewährleistet ist“, sollten die Teams auf Gruppen zugehen, das Gespräch suchen und das neue Projekt bekannt machen, erklärt Corsepius. Später gehe es dann eher darum, Betroffene von Diskriminierung und Grenzüberschreitungen zu unterstützen.
Das Projekt sei eine Weiterentwicklung der bisherigen Arbeit, erklärt Akim-Leiterin Brigitte Gans. An der Gerner Brücke und auch an anderen Orten der Stadt seien in den vergangenen Jahren jedes Wochenende Konfliktmanager von Akim präsent gewesen, um für ein respektvolles Miteinander zu sorgen. „An die haben sich junge Frauen gewandt und gesagt, dass sie sich unwohl fühlen“, sagt Gans. Dabei sei es etwa um Situationen gegangen, in denen sich die Frauen von Gruppen junger Männer angestarrt gefühlt hätten. Akim biete dann durch die Präsenz der Teams einen Schutzraum.
Das Pilotprojekt soll mit vier Honorarkräften starten. Diese kämen aus verschiedenen Kollektiven und hätten viel Erfahrung im Awareness-Bereich, so Corsepius. Sie kämen außerdem aus ähnlichen sozialen Gruppen wie die Feiernden, sagt Brigitte Gans: „Das haben wir deutlich mit auf den Weg bekommen, dass Teams möglichst auch selbst divers aufgestellt sein sollten.“ Bei der Konzeption und Ausbildung der Awareness-Teams stehe man im Austausch mit dem Kollektiv, das in Wien für Achtsamkeit im öffentlichen Raum zuständig ist.

Auch über das Pilotprojekt hinaus verändert Akim seine Strategie. So ziehen sich die Konfliktmanager von Akim vom Gärtnerplatz und vom Wedekindplatz zurück. Dort waren sie zum Teil seit 2014 an den Wochenenden präsent, um zwischen Feiernden und Anwohnern zu vermitteln. „Der öffentliche Raum ist nach unserer Beobachtung weniger besucht als vor den Corona-Jahren“, sagt Gans. Durch mehr Festivals, Veranstaltungen und Freischankflächen träfen sich weniger Menschen an den Plätzen. Außerdem habe Akim in den vergangenen Jahren etwa mit öffentlichen Toiletten an den beiden Plätzen Veränderungen erreichen können, die jetzt wirkten.
Die bisherige Arbeitsweise der Konfliktmanager sei dadurch weniger nötig geworden. „Wir denken, dass wir mit kreativen Methoden mehr erreichen können als mit der Präsenz jedes Wochenende“, sagt Gans. Deshalb arbeite die Fachstelle derzeit an Projekten, die themenspezifisch zum Beispiel gegen Müll, wildes Urinieren oder hohe Lautstärke helfen sollen. Es gebe aber auch weiterhin sogenannte Flex-Teams aus Konfliktmanagern, die bei Bedarf zum Beispiel zum Gärtnerplatz geschickt werden könnten.
In der Messestadt Riem sollen sich junge Leute positiv engagieren können
Neben Awareness-Teams, Flex-Kräften und themenspezifischen Projekten ist Akim auch außerhalb des Nachtlebens mit verschiedenen Aktionen im Stadtgebiet unterwegs. So geht etwa die „Strategie Gewaltlosigkeit“ in der Messestadt Riem ins zweite Jahr. Mit Aktionen wie dem Hood-Training, einer Kombination aus Krafttraining und Hip-Hop-Kultur soll Jugendlichen dort ermöglicht werden, sich zu engagieren und in der Öffentlichkeit positiv aufzufallen.
In den vergangenen Jahren sei in der Messestadt der falsche Eindruck entstanden, dass es dort besonders viel Jugendgewalt gebe, so Gans. „Das Gros der Jugendlichen wird jetzt schief beäugt, nur weil sie Jugendliche sind. Das ist eine Verzerrung, die dem Viertel auch nicht guttut“, erklärt die Akim-Chefin. Auch in anderen Stadtteilen hat sie verschiedene Aktionen geplant.
Über konkrete Projekte hinaus sei Akim zudem immer ein Ansprechpartner für jede Art von Beschwerden zwischen Nutzern des öffentlichen Raums, sagt Brigitte Gans. So werde Akim auch weiterhin auf Anfragen zu Konflikten reagieren.