Süddeutsche Zeitung

Konflikt um Amerika-Haus:"Keine diplomatische Tölpelei"

Die Staatsregierung will das Amerika-Haus 2013 schließen. Ex-Finanzminister Kurt Faltlhauser über eine Lösung, die niemanden beschädigt.

Am Dienstag hat US-Botschafter Philip D. Murphy an dieser Stelle die Schließung des Amerika-Hauses kritisiert. Nun entgegnet ihm der ehemalige Staatsminister Kurt Faltlhauser.

Die SZ vom 31. August kommentiert den Umsiedlungsbeschluss für das Amerika-Haus des Kabinetts Seehofer mit harter Strenge: Die Entscheidung zähle zu den größten diplomatischen Fehlern, die Bayerns Staatsregierung begehen kann! Und: "Dies ist eine geschichtsvergessene Haltung." Der Botschafter der Vereinigten Staaten, Philip D. Murphy, legt in einem emotionalen, geradezu pathetischen Namensartikel in der SZ noch ein Gewicht obendrauf: "Für uns bleibt diese Begegnungsstätte von zentraler Bedeutung für die Pflege und den Ausbau der Bayerisch-Amerikanischen Beziehungen."

Einspruch, meine Herren! Gerade, wenn man die Geschichte des Münchner Amerika-Hauses beleuchtet, sehen die USA nicht gut aus und die Staatsregierung muss vom Vorwurf diplomatischer Tölpelei freigesprochen werden. Denn diese Begegnungsstätte, die für die USA angeblich von so zentraler Bedeutung ist, wurde von den USA vor 14 Jahren mit leichter Hand einseitig aufgegeben. Ich erinnere mich noch genau: Am 29. Januar 1997 sprach der damalige US-Generalkonsul in München, Nichols, bei mir in meiner Eigenschaft als Leiter der Staatskanzlei vor.

Er erklärte mir nüchtern, dass die USA sparen müssten und deshalb der United States Information Service (USIS), die Träger-Institution des Amerika-Hauses, zum Jahresende seine Zahlungen für das Haus einstellen müsse. Punktum. Keine Träne für die guten Bayerisch-Amerikanischen Beziehungen, keine Erinnerung an den symbolträchtigen Ort von Seiten der Amerikaner.

Es war die Regierung Stoiber, die noch in der gleichen Woche beschloss, das Amerika-Haus in eigener Verantwortung weiterzuführen. Stoiber schrieb etwa zwei Dutzend deutsche und amerikanische Firmen an und bat sie, einem Verein der Freunde des Amerika-Hauses als gut zahlendes Mitglied beizutreten, um auf diese Weise zumindest einen Teil der ausfallenden USIS-Gelder aufzufangen. Die Reaktion war ein voller Erfolg: fast eine viertel Million DM als jährliche Mitgliedsbeiträge konnten wir zusammenzählen. Auf dieser Basis konnte eine eigene Arbeitsgruppe unter der Leitung von Hans Zehetmair eine neue Konzeption erarbeiten, die im wesentlichen bis heute trägt. Der Vorwurf des diplomatischen Fehlers trifft also die bayerische Politik sicher nicht.

Die robuste und schnelle Entscheidung der heutigen Staatsregierung hätte allerdings etwas mehr in Rechnung stellen können, dass man nicht lediglich eine Institution der Bayerisch-Amerikanischen Verständigung umsiedelt, sondern damit die Konstruktion einer Vorgängerregierung. Diese Vorgängerregierung hat auch den Grundstein gelegt zu den besten Beziehungen zur Technikakademie Acatech. Nach der Gründung dieser Akademie entbrannte ein heftiger Wettbewerb zwischen Berlin und München um den Hauptsitz.

Um dieses Wettrennen zu gewinnen, bot ich dem Gründungspräsidenten, Joachim Milberg, an, die ehemaligen Räume der Max-Planck-Gesellschaft in der Residenz mietfrei zu übernehmen. Es machte Sinn, im alten Sitz der Bayerischen Kurfürsten und Könige neben der Akademie der Wissenschaften und der Akademie der Schönen Künste eine dritte Akademie zu beherbergen. Dieser repräsentative Sitz war mitentscheidend für die Etablierung des Hauptsitzes von Acatech in München. Es ist vor diesem Hintergrund verständlich, dass die Staatsregierung heute Acatech in München durch ein größeres Raumangebot unbedingt halten will.

Wenn jedoch die Staatsregierung aufgrund bisherigen aktiven Handelns sowohl für das Amerika-Haus als auch für Acatech gleichzeitig zwei Institutionen verpflichtet ist, sollte man umsichtig nach einer optimalen Lösung suchen, die beide Seiten nicht beschädigt. Ich meine: Diese Lösungsmöglichkeit ist vorhanden! Am Karolinenplatz, gegenüber dem Amerika-Haus, hat die Bayerische Lotterieverwaltung in denkmalgeschützten Gebäuden ihren angestammten Sitz. Ohne den kopflosen Vorschlag der FDP zur Privatisierung der Spielbanken befeuern zu wollen, mache ich den Vorschlag, dass für diese jahrzehntelang erfolgreiche nachgeordnete Behörde des Finanzministeriums eine Unterkunft an weniger prominenter Stelle gesucht wird, um in diesem Komplex Acatech unterzubringen.

Dadurch würde das gesamte Geviert zwischen Theresienstraße, Karolinenplatz und Königsplatz weiter aufgewertet. Zu den drei Pinakotheken, dem Brandhorst-Museum, der Hochschule für Fernsehen und Film und dem neuen Ägyptischen Museum, dem Lenbachhaus, der TU, der Musikhochschule und (in Zukunft) dem NS-Dokumentationszentrum würden sich am Karolinenplatz nebeneinander zwei Einrichtungen der Begegnung, der Information, der wissenschaftlichen Auseinandersetzung wunderbar einreihen! Ein ehemaliger Minister sollte sich zwar zurückhalten mit öffentlichen Ratschlägen für die Nachfolger, aber dieser Vorschlag mag einem geborenen und überzeugten Münchner doch erlaubt sein.

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Quelle:
SZ vom 02.09.2011
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