SZ-Adventskalender für gute Werke:Wenn die Nase in Schokoduft badet

SZ-Adventskalender für gute Werke: Meisterschüler am Werk: (von links) Benedikt Karner, Katharina Korb und Matthias Ledermann.

Meisterschüler am Werk: (von links) Benedikt Karner, Katharina Korb und Matthias Ledermann.

(Foto: Florian Peljak)

Von Schatztruhe bis Schickeria: Gut 250 Torten verlost die Konditoren-Innung auf Handswerksmesse. Dafür rühren, backen und dekorieren 24 angehende Konditormeisterinnen und -meister, inklusive Rüttelprobe. Ein Besuch.

Von Sonja Niesmann

"Wer hat die Kokosnuss geklaut?" hat sich nicht durchsetzen können, "Tropical Paradise" heißt nun der in einer Kokosnuss-Hälfte servierte Drink. Der aber nur auf den ersten Blick aussieht wie ein Drink. Die Kokosschale ist aus Schokoladenkuvertüre gegossen und dann mit der Drahtbürste aufgeraut worden. Sie birgt auf Kokosteigboden eine Füllung aus Passionsfrucht- und Buttercreme, auch die weiße Deko-Orchidee und der Trinkhalm sind aus Schokolade.

Die Nase badet geradezu in Schokoladenduft, hier in den Arbeitsräumen der Münchner Meisterschule für Konditoren, die sich ein großes Gebäude am Simon-Knoll-Platz, in der Nähe des Rosenheimer Platzes, teilt mit den städtischen Berufsschulen für das Hotel-, Gaststätten- und Braugewerbe, für das Bäcker-und Konditorenhandwerk und für das Metzgerhandwerk. Seit Tagen schon rühren, backen und dekorieren die 24 angehenden Konditormeisterinnen und -meister in ihren weißen Jacken, weißen Schürzen und weißen Häubchen oder Tüchern um die Haare. Sie sind aufgeteilt in acht Teams, jedes stellt seine Torte in 33-facher Ausfertigung her. Gut 250 Torten also wird der Förder- und Spendensammelverein der bayerischen Konditoren-Innung bekommen und sie an diesem Freitag auf der Internationalen Handswerksmesse in Halle B3 verlosen. Die Einnahmen aus dieser schon traditionellen "Tortengala" fließen an den SZ-Adventskalender für gute Werke.

SZ-Adventskalender für gute Werke: Ruhender Pol: Thomas Lugeder ist der fachliche Leiter der Meisterschule für Konditoren, die er selbst einst besucht hat.

Ruhender Pol: Thomas Lugeder ist der fachliche Leiter der Meisterschule für Konditoren, die er selbst einst besucht hat.

(Foto: Florian Peljak)

Zutaten, Geschmack und Aussehen hat sich jedes Team selbst ausgedacht. "Das Gute hier ist ja, dass man Sachen ausprobieren, herumexperimentieren kann" sagt Thomas Lugeder, der fachliche Leiter der Meisterschule, "später im Betrieb ist dafür eher wenig Zeit, da überrollt dich das Tagesgeschäft." Katharina Korb, 26, Benedikt Karner, 27, und Matthias Ledermann, 23, waren sich schnell einig, was sie machen wollen und haben es "Süße Himbeere im dunklen Kleid" genannt. Eine Biskuit-Teigrolle mit eingebackenen Himbeeren und einem Schuss Himbeergeist (Letzterer "für die bessere Haltbarkeit", versichert Karner grinsend) nach der anderen umkleiden sie nun am langen, von einer Granitplatte bedeckten Arbeitstisch mit einer dunklen Schokoladen-Ganasche, bringen darauf noch Schokoplättchen, Dachschindeln ähnelnd, an. Das I-Tüpfelchen: eine Schleife, selbstverständlich auch aus Schokolade.

Wie viele Kalorien so eine Rolle hat? "Das wollen Sie gar nicht wissen..."

Wie viele Kalorien so eine Rolle hat? "Das wollen Sie gar nicht wissen...", lacht Karner. Allerdings, merkt Lugeder an, gehe der Trend zu weniger Zucker, weniger Fett. "Und auch an vegan/vegetarisch kommst als Konditor nimmer vorbei." Eine seiner früheren Meisterschülerinnen, erzählt er, habe sich sogar auf vegane Patisserie spezialisiert und neulich hier einen Kurs gegeben.

Für viel Fruchtgeschmack und wenig Zucker hat sich auch das Team "Schatztruhe" entschieden. In ein Kistchen aus Schokolade mit Holzmaserungsoptik kommt eine dunkellila Cassis-Salzkaramell-Mischung. Die Dekoration für die Schatztruhen ruht schon auf Blechen: graue Manta-Rochen und rosa Seesterne aus Marzipan. Oben drüber soll sich dann noch ein Krake stülpen. Ein anderes Team gestaltet seine Torte wie einen Baumstumpf, besetzt von kleinen Vögeln aus Marzipan. Für die bunten Dekoblüten wird übrigens ein Airbrush benützt, geschmolzene Kakaobutter, vermischt mit der Lebensmittelfarbe, kann so hauchdünn aufgestäubt werden auf die täuschend echt wirkenden Gebilde aus weißer Kuvertüre.

SZ-Adventskalender für gute Werke: Schockgrün: Die Torte "Frühlingserwachen" wird mit "Mirror glaze" übergossen.

Schockgrün: Die Torte "Frühlingserwachen" wird mit "Mirror glaze" übergossen.

(Foto: Florian Peljak)
SZ-Adventskalender für gute Werke: Täuschend echte Kokosnuss: die Kreation "Tropic paradise".

Täuschend echte Kokosnuss: die Kreation "Tropic paradise".

(Foto: Florian Peljak)
SZ-Adventskalender für gute Werke: Alles aus Schokolade und Marzipan: die Schatztruhe.

Alles aus Schokolade und Marzipan: die Schatztruhe.

(Foto: Florian Peljak)
SZ-Adventskalender für gute Werke: Blumen für die Torte "Frühlingserwachen": Die Farbe wird mit dem Airbrush aufgesprüht.

Blumen für die Torte "Frühlingserwachen": Die Farbe wird mit dem Airbrush aufgesprüht.

(Foto: Florian Peljak)

Am Tisch neben Karner, Korb und Ledermann kommt sogar ein Skalpell zum Einsatz. Jeden der 33 Baumkuchen dieses Teams krönt die Münchner Skyline, filigran ausgestanzt aus Schokolade, jede Silhouette wird nun mit dem Skalpell von letzten Unebenheiten befreit; ein Messer wäre zu grob für die teils streichholzdünnen Türmchen. "Schickeria" heißt das Werk. Baumkuchen, wirft Thomas Lugeder ein, sehe so schlicht aus, aber die Herstellung "hat's in sich". Deshalb gehört Baumkuchen auch zu den Prüfungsaufgaben, neben Eistorte, Marzipanfiguren, sechs Sorten Pralinen, Petits Fours und heuer auch Blätterteig. Sogar vier Gerichte müssen die angehenden Konditormeisterinnen und -meister kochen in der praktischen Prüfung, "kleine Küche" ist ein Teil ihrer Ausbildung, schließlich bieten viele Cafés auch einen Mittagstisch an.

SZ-Adventskalender für gute Werke: München von seiner Schokoladenseite: Die Skyline krönt die Baumkuchen.

München von seiner Schokoladenseite: Die Skyline krönt die Baumkuchen.

(Foto: Florian Peljak)

Ihre Theorieprüfung haben die 24 jungen Frauen und Männer bereits hinter sich, im Juli werden sie im praktischen Teil beweisen müssen, was sie gelernt haben in einem Jahr. Auch Benedikt Karner. Er sei, erzählt er, nach der elften Klasse vom Gymnasium abgegangen, weil er eine Ausbildungsstelle zum Konditor bei Feinkost Käfer bekommen hat. Nach der Lehre arbeitete er auch im Partyservice, war eine Zeitlang im Kempinski an der Maximilianstraße und eine Weile in der Schweiz. Und gibt nun seinem Können an der Meisterschule den letzten Schliff. "Wozu ein Abitur? Ich hätt' nicht mal gewusst, was ich studieren soll", sagt er. "Und ich hab das bisher keine Minute bereut."

SZ-Adventskalender für gute Werke: Die "Süße Himbeere" bekommt ihr dunkles Kleid. Und muss später noch die Rüttelprobe bestehen.

Die "Süße Himbeere" bekommt ihr dunkles Kleid. Und muss später noch die Rüttelprobe bestehen.

(Foto: Florian Peljak)

Dann wendet sich der 27-Jährige wieder einer fertigen Himbeer-Schoko-Rolle zu, die auf einer Folie liegt - und ruckelt sie ein paar Mal kräftig auf der Arbeitsplatte hin und her. "Die Rüttelprobe!", erklärt er. Schließlich müssen die so aufwendig wie fantasievoll hergestellten Kunstwerke am Freitagmorgen den Transport mit dem Lkw hinaus zum Messegelände unbeschadet überstehen.

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