Theater:Nackte Tatsachen

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Im Hofspielhaus hat die französische Komödie "Zwei Männer ganz nackt" Premiere. Ein Feuerwerk absurder Pointen zwischen Gedächtnisverlust und philosophischer Wahrheitssuche.

Von Barbara Hordych, München

Lässt sich die nackte Wahrheit mit der Flinte ins Visier nehmen? Anwalt Alain (Matthias Christian Rehrl) und sein Angestellter Prioux (Leon Sandner) in verfänglicher Situation. (Foto: Martin Hangen)

Die Versuchsanordnung der französischen Komödie "Zwei Männer ganz nackt" im Hofspielhaus wirkt ein wenig so, als wenn der Autor Sébastian Thiéry in wildem Übermut die Filme "Hangover" und "Täglich grüßt das Murmeltier" gekreuzt hätte: Dem aus Gedächtnisverlust und Zeitschleifen entstandenen Wechselbalg versetzt er mit kafkaesk-absurden Wendungen zusätzlichen Drall und ungeahnte Tiefen. Was also ist da passiert? Das fragen sich nicht nur die Zuschauer, die im Loft des Hofspielhauses gewissermaßen mit den Akteuren gemeinsam im Wohnzimmer sitzen, sondern auch der erfolgreiche Anwalt Alain Kramer (Matthias Christian Rehrl) und sein Mitarbeiter Nicolas Prioux (Leon Sandner), die eines Tages nebeneinander auf Kramers Couch aufwachen - splitterfasernackt. Zu beider komischem Entsetzen.

"Warum sind Sie nackt?" will der eine vom anderen wissen - genauso wie Alains Frau Catherine (Claudia Maria Haas), die plötzlich im Wohnzimmer steht. "Hab mir Arbeit mit nach Hause genommen", versucht Alain eine erste Erklärung unter Lachsalven des Publikums. Catherine wiederum sieht die Basis ihrer 25-jährigen Ehe zerrüttet, insbesondere, als sie auch noch ein benutztes Kondom aus den Sofaritzen zu Tage fördert. Das Ehe-Aus scheint unabwendbar.

Anderntags wachen die beiden Männer erneut nackt nebeneinander auf, ebenso ahnungslos, aber mittlerweile schon routinierter. Rasch steigen sie in ihre Kleider, suchen das Sofa nach einem verräterischen Kondom ab, bevor Catherine es finden kann. "Hier ist alles sauber!" meldet Prioux. Und Alain, ganz Anwalt, kontert erleichtert: "Also wenn hier keine Beweise sind, haben wir auch nichts gemacht!". Eine Beweisführung, die für Catherine jedoch keineswegs akzeptabel ist. "Mit einem Schwulen kann ich zusammenleben, mit einem Lügner nicht!" fordert sie endlich "die Wahrheit" von ihrem Mann. Aber wenn er die selbst nicht begreift?

Tatsächlich kommt das Stück, trotz partieller Nacktheit der Herren und einer zwecks Hetero-Demonstration herbeitelefonierten Escort-Dame in Unterwäsche ganz ohne ordinäre Peinlichkeiten aus. Stattdessen gelingt den Schauspielern in der Regie von Georg Büttel ein temporeicher Balanceakt zwischen praller Komödie und abgründiger Wahrheitssuche. Ein schauspielerisches Glanzstückchen. Das vielleicht auch deshalb so trefflich glückt, weil Autor Thiéry ebenfalls Schauspieler ist. Der bei der Uraufführung seiner Komödie in Paris 2014 selbst die Rolle des Prioux übernahm.

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