Münchner Momente:Die CSU und ihr kurioser Wahlkampf von gestern

Münchner Momente: Altes Plakat, aktueller Anlass: Das Thema Verkehr spielte schon bei der Wahl 1996 eine große Rolle.

Altes Plakat, aktueller Anlass: Das Thema Verkehr spielte schon bei der Wahl 1996 eine große Rolle.

(Foto: Bernd Kastner)

Nur ein Versehen oder vielsagendes Recycling? Auf einem Plakat ruft die Partei zu einer Kommunalwahl auf, die längst Geschichte ist.

Glosse von Bernd Kastner

Die Kommunalwahl ist verschoben worden. Sie findet nicht am 15. März statt, wie die allermeisten Politiker und Parteien die Bürger glauben machen wollen, sondern am 10. März, einem Dienstag. Das weiß bisher noch fast niemand, eigentlich ist es nur die CSU, die im Bilde ist. Und ein paar Radler sind es, sofern sie in der Prinzregentenstraße anhalten und lesen, was zwischen Radweg und Autospuren plakatiert ist. Wenn die CSU ihre Wähler für den 10. März mobilisiert, dann muss was dran sein. Bloß was?

Wie ist es der Partei gelungen, den Termin heimlich nach vorne zu verlegen, um am 15. März, wenn all die Unwissenden die längst geschlossenen Wahllokale aufsuchen, bereits mit absolutester Mehrheit das Rathaus zu beherrschen? Anruf in der Münchner CSU-Zentrale. Der Geschäftsführer ist überrascht. So klandestin verlief die Aktion, dass nicht einmal er eingeweiht ist. Oder steckt was anderes dahinter? Der CSU-Mann hat da eine Vermutung, weil, äh, die Plakate, die werden doch von Ehrenamtlichen aufgestellt, und, nun ja, vielleicht hatten die noch eins von früher rumstehen. Von früher? 2014 wurde der Stadtrat nicht am 10. März gewählt, 2008 auch nicht, und ebenfalls nicht 2002. Aber davor, da gab es mal eine Kommunalwahl, deren Termin zum Plakat von heute passen würde: 1996.

Daraus zu schließen, dass die CSU nicht auf der Höhe der Zeit ist, wäre ungerecht und voreilig. Bestimmt steckt eine zukunftsorientierte Botschaft in dem einwandfrei erhaltenen Plakat, denn in Zeiten der Klimadebatte kommt Recycling wieder in Mode. Warum neue Sprüche erfinden, wenn die alten noch pfenniggut sind? "Diesen Stau sponsert Ihnen Rot/Grün." Von dieser Botschaft anno 1996 dürfte sich jeder SUV-Fahrer angesprochen fühlen.

Vielleicht aber hat der plakatierende Ehrenamtler auch nur in Notwehr gehandelt, als er die anderen, die frisch gedruckten CSU-Plakate sah und las, was da ein Bus zu den Wählern sagt: "Ich bin zwar kein Rad, lasse aber niemanden im Regen stehen." Ja, die CSU lässt Busse sprechen, und der CSU-Aktive versuchte zu verstehen, verstand aber nicht, was seine Partei sagen will. Ist sie für oder gegen Radler? Oder einfach so ein bisschen für sie, aber nur, wenn sie den Autofahrern keinen Platz wegnehmen. Sei's drum, es gibt ja noch den Slogan von damals, und der passt perfekt in den Grünstreifen an der Prinzregentenstraße: "Freie Fahrt für München. Ringausbau jetzt! 10. März." Das letzte Jahrhundert ist noch so präsent auf Münchens Straßen.

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