Politik in München:OB-Stichwahl: Dafür steht der Amtsinhaber

Lesezeit: 3 Min.

Da geht's lang: Dieter Reiter (SPD) will weniger Autos und höhere Häuser in München. (Foto: dpa)

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) will unter anderem den Autoverkehr in der Stadt zurückdrängen und möglichst viele Wohnungen bauen - auch in die Höhe.

Von Dominik Hutter

Ein Mal geht noch: Nach diesem Prinzip bewirbt sich nicht nur Dieter Reiter um eine zweite Amtszeit - die Gemeindeordnung schreibt dies auch als Maximum vor: Denn Reiter ist 61 Jahre alt und darf daher bei der nächsten turnusmäßigen OB-Wahl 2026 aus Altersgründen nicht mehr antreten. Eine mögliche zweite Amtszeit wäre also auch die letzte.

Bei der nun anstehenden Stichwahl ist Reiter klarer Favorit, er holte im ersten Wahlgang am 15. März mit fast 48 Prozent mehr Stimmen als seine beiden aussichtsreichsten Herausforderinnen zusammen. Reiter ist in Rain am Lech geboren, aber in Sendling aufgewachsen und war jahrzehntelang in der Münchner Stadtverwaltung tätig. Dort brachte er es bis zum Vizechef der Kämmerei und später zum Wirtschaftsreferenten, bevor er 2014 zum Oberbürgermeister gewählt wurde. Er wohnt mit seiner Frau Petra in Sendling, das Paar hat drei Kinder.

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Kristina Frank hat sich im ersten Wahlgang gegen die grüne Konkurrentin durchgesetzt. Die CSU-Politikerin will unter anderem Autospuren erhalten und Straßen überbauen.

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Verkehr

Neue Tunnel am Mittleren Ring tauchen im Wahlprogramm der SPD ganz bewusst nicht auf. Reiter hat in seiner ersten Amtszeit die Planungen für die Röhren an der Landshuter Allee und im Englischen Garten auf den Weg gebracht - wie es damit weitergeht, ist nicht nur wegen der erwartbaren finanziellen Folgen der Corona-Krise offen. Der SPD-Politiker setzt mehr auf den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und bekennt sich ausdrücklich zu den Zielen des Rad-Bürgerbegehrens, das eine Vervollständigung des Radwegenetzes vorsieht.

In einem großzügigen Ausbauzustand mit Mindestbreiten. Reiter will den motorisierten Individualverkehr zurückdrängen - unabhängig von seiner Antriebsart. Denn der Elektromotor sei zwar ein Beitrag für bessere Luft in der Stadt, aber nicht die generelle Lösung des Verkehrsproblems - schon gar nicht, wenn man Stau und Parkplatznot mitberücksichtigt. Die Stadt fördert trotzdem die Elektromobilität und vor allem auch die Umstellung der städtischen Autoflotte.

Die autofreie Altstadt hat Reiter seit Längerem zu seinem Projekt gemacht. Wobei der Begriff autoarm besser wäre, da es Ausnahmen für den Lieferverkehr, Anwohner und Rettungsfahrzeuge geben soll. Anders als die CSU setzt der SPD-Mann auf eine Neuverteilung des Straßenraums, der ja nicht beliebig erweiterbar ist. Heißt konkret: Das Auto muss Platz abgeben, Gewinner sind Fußgänger, Radfahrer und der MVV. Beispiele für diese Neuverteilung sind etwa die Neugestaltung der Ludwigsbrücke, die von der CSU strikt abgelehnt wird.

Oder die Fraunhoferstraße, bei der es sich aber explizit um einen Versuch handelt. Die Verwaltung untersucht weitere Straßen, bei denen eine Umgestaltung möglich ist. Einen Autobahn-Südring lehnt Reiter ab. Diese Entscheidung fällt aber ohnehin nicht im Rathaus. Beim Ausbau des Nahverkehrsnetzes gilt das Prinzip: U-Bahn-Planungen, allen voran die für die neue Innenstadtquerung U 9, müssen rasch vorangehen. Da U-Bahnen aber sehr lange dauern, sollen zunächst das Tram- und das Busnetz verbessert werden - Letzteres durch neue Busspuren.

Mieten

Um den Anstieg der Mieten zu begrenzen, will Reiter an zwei Schrauben gleichzeitig drehen: Einmal soll durch verstärkten Neubau (vor allem bezahlbarer Wohnungen) mehr Wohnraum entstehen. Zum anderen müssten alteingesessene Mieter vor Vertreibung durch Mieterhöhung geschützt werden. Reiter unterstützt eine Mietpreisbremse und einen befristeten Mietenstopp, beides hat er bei den kommunalen Wohnungsgesellschaften bereits durchgesetzt.

Das städtische Vorkaufsrecht soll ausgebaut werden, zudem hat Reiter gegen den Willen seines Bündnispartners CSU die Bedingungen für Hauskäufer verschärft: Wer das Vorkaufsrecht der Stadt abwenden will, muss Mietbeschränkungen, ein Höchsteinkommen des Mieters und strenge Vorgaben für Eigenbedarfskündigungen akzeptieren.

Bauen

SPD und Reiter sind sicher: Ohne höhere Häuser wird München sein Wohnungsproblem nicht lösen können. Dabei geht es aber nicht um klassische Hochhäuser, in denen nach Einschätzung des OB keine bezahlbaren Wohnungen entstehen können. Sondern schlicht um ein paar mehr Etagen bei Neubauten. Reiter wünscht sich striktere Vorgaben für Bauherren, was Mieten und Beiträge für Infrastruktur wie Schulen und Kitas angeht. Erholungsflächen sollen nicht überbaut werden.

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Stadtplanung

Zwar hat die SPD mit der CSU die sogenannte SEM (städtebauliche Entwicklungsmaßnahme) im Münchner Norden gekippt und setzt stattdessen auf ein Konsensmodell. Prinzipiell aber steht Reiter, anders als Konkurrentin Kristina Frank, zum Modell SEM. Vorwürfe der CSU, die SPD wolle die Gartenstädte zubauen, weist Reiter zurück. Die Entwicklung der vergangenen Jahre sei vielmehr der aktuellen Gesetzeslage geschuldet, die Baurecht dann zugestehe, wenn es sich an der Umgebung orientiert.

Was zur Folge hat, dass die Gartenstädte ganz allmählich immer dichter zugebaut werden. Dieses Problem könne auf kommunaler Ebene nicht gelöst werden. Alleingänge der Stadt über flächendeckende Bebauungspläne seien teuer, weil Schadenersatz für entgangenes Baurecht gezahlt werden müsse. Und fast unmöglich, weil dafür Unmengen Personal im Planungsreferat benötigt würden.

Ökologie

So richtig glücklich war Reiter nie über den alarmistischen Begriff Klimanotstand. Er hat aber im Stadtrat dafür gestimmt, weil die Ausrufung ganz konkrete Folgen hat: Bemühungen, München bis 2035 klimaneutral zu bekommen. Und die Abwägung bei jedem Stadtratsbeschluss, ob er klimapolitisch vertretbar ist.

Die SPD will eng mit der Initiative Fridays For Future zusammenarbeiten. Wichtig sei aber, dass Klimaschutz sozialverträglich sei. Übertriebenes Dämmen belaste Mieter, und wer eine Citymaut vorschlage, solle sich erst überlegen, ob er wirklich zu Lasten der Ärmeren staufreie Fahrt für Gutverdiener ermöglichen wolle.

© SZ vom 21.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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