Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl in Schwabing-West:Kniffen auf die Spur kommen

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Mieterschutz ist das vorherrschende Thema - neben der Verteilung des knappen Raums

Von Ellen Draxel, Schwabing-West

Die Straßennamen Agnesstraße, Bauerstraße, Hohenzollernplatz sind inzwischen im ganzen Land bekannt geworden - als Beispiele für Mietwucher und Mietervertreibung. Für die Lokalpolitiker im westlichen Schwabing gehört der Umgang mit dem Thema Gentrifizierung zum Tagesgeschäft - und das wird wohl auch künftig so bleiben. Denn in dem Viertel rund um den Hohenzollernplatz stehen viele Gebäudekomplexe, die für teils aberwitzige Summen von einer Hand in die andere gehen, oft gefolgt von Eigenbedarfskündigungen oder Modernisierungsankündigungen, zumindest aber von Mietpreissteigerungen. CSU-Fraktionssprecherin Ingrid Braunstorfinger spricht von einem "Dauerthema", Gremiumschef Walter Klein nennt es "das Wichtigste". Und Grünen-Sprecherin Regina Bruder lobt, dass alle Fraktionen beim Mieterschutz "immer an einem Strang gezogen" hätten.

Immerhin weiß der Bezirksausschuss im westlichen Schwabing in Teilen seines Viertels die Erhaltungssatzung im Rücken, die der Vertreibung der angestammten Bevölkerung ein Stück weit entgegenwirkt. Aber es ist ein großer Unterschied zwischen ein wenig politischem Wind und einem effektiven Verhindern der übelsten Auswüchse. Die Lokalpolitiker haben Lücken im System bisher mit viel Sachverstand zu überbrücken gewusst: Jemanden zu haben wie Oskar Haider, sagt Walter Klein, der mitunter "einen Koffer voll Pläne" mitschleppe und diese auch noch lesen könne, sei die Basis von echtem Mieterschutz. Weil man dann so manchem Kniff auf die Spur komme. Dieses Thema wird den Schwabingern beiderseits der Leopoldstraße - also auch den Kollegen im östlichen Teil des Viertels - bleiben, selbst wenn viele erfahrene Wohnungs- und Mieterschutz-Experten das Gremium nun verlassen. Ansonsten kämpfen die Schwabinger wie alle Innenstadtbezirke darum, den knappen öffentlichen Raum gerecht zu verteilen. Aufenthaltsqualität, öffentliches Grün, Radwege versus Autoparkplätze - bei diesen Themen kommen selbst die harmoniebestrebtesten Politiker mitunter ins Streiten.

Infrastrukturell stehen im westlichen Schwabing in den kommenden Jahren die Entwicklung des Kreativfeldes und die Sanierung und Neugestaltung des Elisabethmarktes auf der Agenda. Was den Elisabethmarkt anbelangt, hat das Viertel turbulente Jahre bereits hinter sich. Klein erwartet dennoch erneut "Tam Tam", wenn demnächst abgebrochen und neu gebaut werden wird - in punkto Marktstände und auch beim benachbarten Wohnprojekt der Stadtsparkasse.

Ein Lieblingsprojekt der Grünen ist das Stadtbezirksbudget, das etwa Gesa Tiedemann voranzubringen hofft. "Wir wollen zumindest einen Anlauf machen, ein echtes Bürgerbudget daraus zu entwickeln." Dafür, Menschen an Entscheidungsprozesse stärker zu beteiligen, eignen sich viele Projekte. Wie etwa soll künftig der Hohenzollernplatz aussehen? Was soll aus dem Luitpoldpark werden? Grün? Mit befestigten Wegen? Mit Sitzbänken, selbst wenn es dort in lauen Sommernächten dann manchmal laut wird? Für Schwabings Lokalpolitiker können solche Fragen Zukunftsthemen sein.

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SZ vom 28.01.2020
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