Kommunalwahl in München:"Die SPD muss jetzt nachlegen"

Kommunalwahl, CSU, München

"Sozial ist": Dass diese Wahlkampgane von der CSU ist, verwundert viele.

(Foto: Robert Haas)

Die CSU wirbt für grünen Verkehr. Und die SPD? Ist für alles? Die Plakate für die Kommunalwahl sorgen in München für Verwunderung. Carsten Reinemann, Professor für politische Kommunikation, erklärt, wieso Josef Schmid überraschen will. Und Dieter Reiter den Wählern noch eine Antwort schuldet.

Von Anna Fischhaber

In sechs Wochen wird in München ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Schon jetzt schmücken mehr und weniger originelle Wahlplakate die ganze Stadt. Carsten Reinemann, 42, Professor für Politische Kommunikation an der Ludwig-Maximilians-Universität, erklärt, warum Plakate wichtig sind - und welche Strategien SPD und CSU verfolgen.

SZ: "Ja! zu öffentlichem Nahverkehr" oder "Grün ist, wenn der Verkehr unter der Erde fließt". Welcher Slogan gefällt Ihnen besser, Herr Reinemann?

Carsten Reinemann: Der erste ist ein Gemeinplatz. Das ist leider eine beliebte Wahlkampfstrategie: unscharf und ambivalent bleiben. Dieser sagt aber wirklich wenig aus. Der zweite Slogan gefällt mir besser, er ist konkreter und hat eine Message. Und man denkt natürlich sofort an eine Partei.

Er stammt allerdings nicht von den Grünen, sondern von der CSU.

Das ist natürlich überraschend, aber keine schlechte Strategie. In München hat eine konservative Partei wie die CSU eine schwierige Position. Deshalb steht auf den Wahlplakaten nur sehr klein die Partei. Deshalb steht nie Ministerpräsident Horst Seehofer neben Josef Schmid. Die Münchner CSU setzt ganz auf ihren OB-Kandidaten. Das Ziel ist, klar zu machen, dass Josef Schmid nicht der CSU-Stereotyp ist. Sondern ein moderner, liberaler und ökologischer Kandidat. Um diese Botschaft rüberzubringen, muss die Kampagne anders sein, als es die Menschen von der CSU erwarten. Das ist auf jeden Fall gelungen. Die Frage ist, ob wegen einer überraschenden Kampagne jemand seine Wahlentscheidung ändert. Ich habe da doch Zweifel.

Die CSU-Kampagne wird derzeit überall kopiert. Gut oder schlecht für die Partei?

Die Befürworter von Schmid könnte das mobilisieren, erst recht die CSU zu wählen. Wie sich so etwas bei unentschlossenen Wählern auswirkt, kann man jetzt noch nicht sagen. Fakt ist: Wenn eine Kampagne selbst zum Thema wird, muss das nicht unbedingt ein Vorteil sein. Beim Volksentscheid zu Olympia beispielsweise ist die Dominanz der Kampagne der Befürworter zum Thema geworden. Das wiederum hat die Gegner stark mobilisiert.

Plakate für die Kommunalwahl

"Ja! zu öffentlichem Nahverkehr": Die Wahlkampagne der Münchner SPD.

(Foto: Robert Haas)

SPD-Kandidat Dieter Reiter setzt auf ziemlich brave Slogans wie "Damit München München bleibt". Warum?

Die SPD ist in einer ganz anderen Situation als die CSU. Als regierende Partei muss man zeigen, was man erreicht hat. Aber natürlich braucht es auch Ideen für die Zukunft. Bislang kann ich die auf den Plakaten der SPD nicht sehen. Was soll denn eigentlich so bleiben, wie es ist? Sicher nicht alles. Man kann auch mit einem allgemeinen Slogan großen Erfolg haben. Das beste Beispiel ist Obama mit seinem "Change". Allerdings muss ich den Leuten vermitteln, was hinter so einem Slogan steckt. Die SPD muss jetzt nachlegen.

Wie zeitgemäß sind Wahlplakate überhaupt noch?

Plakate sind extrem wichtig, um den Leuten zu signalisieren: Hallo, hier ist eine Wahl. Für die Kommunalwahl wahrscheinlich noch mehr, weil viele Leute zwar die Kanzlerin kennen, die Oberbürgermeisterkandidaten aber nicht. Reiter und Schmid haben beide dieses Problem. Aber im Bekanntwerden liegt auch eine Chance: Auf kommunaler Ebene können Plakate nicht nur mobilisierend wirken, sondern auch Images viel stärker prägen.

Wie sieht es mit dem Wahlkampf in sozialen Netzwerken aus? Reiter und Schmid werben aggressiv auf Facebook.

Ich glaube, soziale Netzwerke werden bei Wahlen überschätzt. Das wissen wir inzwischen auch aus Studien. Es ist immer noch so, dass die Menschen sich ihre politischen Einschätzungen eher aus den klassischen Medien holen. In sozialen Netzwerken muss ich aktiv auf politische Inhalte zugreifen, ich brauche also ein gewisses Maß an Interesse. Ein OB-Kandidat wie Schmid hat nicht einmal 6000 Likes auf Facebook - die Zahl derer, die überhaupt mitbekommen, was er postet, ist also verschwindend gering. Wahlplakate sieht dagegen jeder, auch wenn er sich eigentlich nicht besonders für Politik interessiert.

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