Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl in Fürstenried:Eisige Ablehnung

Im tiefen Südwesten verweigern die Stadtviertelvertreter jede Zusammenarbeit mit der AfD

Von Jürgen Wolfram, Fürstenried

Anzeichen, dass die politischen Rechtsaußen im Süden der Stadt Nestbau betreiben, gibt es seit Jahren. Beobachter konnten am regen Zulauf zu den Wahlveranstaltungen im Bürgersaal Fürstenried oder einem Sollner Gasthof ablesen, dass es die AfD mühelos in den Bezirksausschuss Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln schaffen würde. Tatsächlich holten die Rechtspopulisten ihr stadtweit drittbestes Ergebnis: 5,0 Prozent, zwei Sitze. Stärker als die FDP.

Einen nicht unerheblichen Anteil am Wahlerfolg hat Wolfgang Wiehle. Einst CSU-Stadtrat, heute AfD-Bundestagsabgeordneter hat er den Münchner Süden zur propagandistischen Hauptkampfzone erkoren. Mit beachtlichem Werbeaufwand und einpeitschenden Reden, denen in der Öffentlichkeit gelegentlich moderatere Töne folgen, hat der Politiker sich und seine Partei ins Wähler-Bewusstsein gestanzt.

Im Bezirksausschuss (BA) erwartet die AfD-Vertreter jedoch eisige Ablehnung. Noch vor der Kommunalwahl hat die Stadtteilvertretung einen Beschluss gefasst, der jegliche "personelle und inhaltliche Zusammenarbeit" mit den Rechtspopulisten verbietet. Die Entscheidung kam nicht zuletzt auf Drängen von Micky Wenngatz (SPD) zustande. Die stellvertretende Vorsitzende ist zugleich BA-Beauftragte gegen Rechtsextremismus. Zudem steht sie an der Spitze des Anti-Rassismus-Vereins "München ist bunt" und ist schon von daher erprobt in Demonstrationen und Dokumentationen gegen rechts.

Obwohl die AfD in keiner deutschen Großstadt so schwach abschneidet wie in München und sich ihr Bezirksausschuss-Resultat - zwei von insgesamt 37 Sitzen - auf den zweiten Blick relativiert, zeigt Wenngatz sich besorgt über den Einzug der AfD in die Stadtteilvertretung. Sie vermutet, dass die Rechtspopulisten vor allem dort punkten konnten, "wo städtisches Handeln auf großen Widerstand stößt und Protest nicht kanalisiert worden ist". Ein Beispiel wäre möglicherweise die Nachverdichtung in Fürstenried-West. Die Einzelergebnisse aus den Wahllokalen werde man sich insofern noch genau anschauen.

"Fatal" findet die SPD-Politikerin, dass die AfD gerade in ehemaligen SPD-Hochburgen Stimmen fischt. Im Übrigen solle man sich nicht täuschen: Sozial Schwächere und Menschen aus der Mittelschicht, die den Abstieg fürchten, lebten in beträchtlicher Zahl im Süden, keineswegs nur im Norden der Stadt. Allgemein sei ein politischer Rechtsruck zu registrieren, sagt Wenngatz. An der Haltung ihrer SPD ändere das nichts: "Wir arbeiten generell nicht mit der AfD zusammen und grenzen uns auch dann ab, wenn diese versucht, mit Allerweltsanträgen Normalität zu suggerieren."

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SZ vom 26.03.2020
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