Kommunalwahl im Landkreis München:Die politische Landschaft ändert sich

In den Reihen der CSU gilt es als Betriebsunfall, den es bei der Kommunalwahl zu korrigieren gilt: Eine SPD-Frau hat den CSU-Landrat vom Thron gestoßen. Doch es ist nicht nur ein Zweikampf um das Amt des Landrats im einwohnerstärksten und reichsten Landkreis Bayerns. Ein interaktiver Überblick.

Von Günther Knoll und Lars Brunckhorst

Für die CSU im Landkreis München gilt es etwas zu reparieren, das viele in ihren Reihen im Grunde als Betriebsunfall werten. Denn dass Johanna Rumschöttel (SPD) vor sechs Jahren in der Stichwahl CSU-Landrat Heiner Janik vom Thron gestoßen hat, das hatten dessen Parteifreunde wohl am allerwenigsten erwartet. Noch jedesmal hatten die Bürger der 29 Kommunen im Landkreis in Sachen Landrat auf Schwarz gesetzt. Zu sehr schien der Chefposten im Landratsamt am Mariahilfplatz in München christsozialer Erbhof gewesen zu sein. Und so hat man sich frühzeitig darauf festgelegt, wer diesen wieder zurückholen soll: Christoph Göbel, Bürgermeister von Gräfelfing. Der 39-Jährige machte schon Wahlkampf in eigener Sache, als die anderen Parteien noch gar nicht daran dachten, Landratskandidaten aufzustellen. Göbel kam zugute, dass er als stellvertretender Landrat viele offizielle Gelegenheiten nutzen konnte, um sich bekannt zu machen.

Seine Partei machte derweil zumindest eine Zeit lang der amtierenden SPD-Landrätin das Leben ganz schön schwer. In manchen Kreistagssitzungen ging es hoch her: Zwischenrufe, absurde Wortmeldungen - mit Wahlkampf ist das alles noch vornehm umschrieben. Irgendwie schaffte es Johanna Rumschöttel in unerschütterlicher Hartnäckigkeit, diese Störfeuer zu löschen und wieder Ruhe in das Gremium zu bringen.

Genauso hartnäckig krempelte die Landrätin ihre Behörde um zu einem Dienstleister, der auch für sozial Benachteiligte da ist. Die SPD konnte stolz sein auf "ihre" Landrätin. Dass die inzwischen aber die Altersgrenze für Berufspolitiker erreicht hat und gar nicht wieder hätte zur Wahl antreten dürfen, das wollte ihre Partei offenbar lange nicht wahrhaben. Man versuchte sogar, diese Grenze gerichtlich zu kippen. Ob das im konkreten Fall überhaupt etwas genutzt hätte, scheint fraglich. Denn Johanna Rumschöttel war ehrlich genug zu sagen, dass sie inzwischen genug hat vom politischen Geschäft und sich künftig lieber um ihre Enkel kümmern will.

Erst spät jedenfalls legten sich die Genossen fest, wer aus ihren Reihen Rumschöttel nachfolgen könnte. Es ist wieder ein Frau: Annette Ganssmüller-Maluche aus Ismaning, die viel kommunalpolitische Erfahrung mitbringt, nicht nur als langjährige Kreis- und Gemeinderätin, sondern auch als Journalistin. Dass man erst spät - nämlich im Oktober 2013 - nominiert habe, sei Absicht , heißt es aus den Reihen der SPD. Jedenfalls bemüht sich die Kandidatin, den Zeitvorsprung ihres CSU-Konkurrenten durch verstärkte Präsenz und Veranstaltungen wettzumachen.

Doch es ist nicht nur ein Zweikampf um das Amt des Landrats im einwohnerstärksten und reichsten Landkreis Bayerns, denn es mischen auch noch andere mit: der Kandidat der Bündnisgrünen Christoph Nadler etwa. Der Fraktionssprecher seiner Partei im Kreistag hat sich vor allem die Energiewende im Landkreis zum Ziel gesetzt. Und er sieht nicht zuletzt durch Bürgerentscheide im Landkreis, in denen Flächenversiegelung und Wachstum um jeden Preis eine Absage erteilt wurde, gute Chance für sich und seine Partei.

Auch der inzwischen ehemalige FDP-Landtagsabgeordnete Tobias Thalhammer bewirbt sich als Landrat. Und die Freien Wähler zauberten als Kandidaten Otto Bußjäger aus dem Hut. Der ehemalige Bürgermeister von Grasbrunn hat politisch trotz seiner 42 Jahre eine nicht unumstrittene Vergangenheit, die er selbst ganz gelassen so beschreibt: "Ein grüner Schwarzer, der viel für die Gelben gearbeitet hat, ist zurück bei den Freien Wählern."

Dass da zwei Bewerber in die Stichwahl müssen, scheint nicht ausgeschlossen. In vielen Gemeinden des Landkreisen brauchen sie dann um die Wahlbeteiligung wohl nicht zu fürchten, denn auch da dürfte es wohl am 30. März in die zweite Runde gehen. Das liegt zum einen an der Zahl der jeweiligen Bürgermeisterkandidaten und zum anderen daran, dass einige langjährige Gemeindechefs nicht mehr antreten, freiwillig oder aus Altersgründen.

Letzteres ist im Landkreissüden etwa in Baierbrunn, Pullach, Haar und Taufkirchen der Fall. In der kleinen Isartalgemeinde Baierbrunn hatte Bürgermeister Eugen Kramer (CSU) bereits nach einer Wahlperiode die Nase voll. Hier ist die Entscheidung über seine Nachfolge sogar schon gefallen: In Barbara Angermaier von der Baierbrunner und Buchenhainer Interessengemeinschaft (BIG) gibt es nur eine einzige Kandidatin.

Spannend wird es dagegen im nördlich angrenzenden Pullach, wo gleich vier Bewerber um die Nachfolge von Jürgen Westenthanner (CSU) streiten (siehe Grafik). In der ehemaligen Landtagsabgeordneten Susanna Tausendfreund hat dabei erstmals eine Grüne gute Aussichten, die Stichwahl zu erreichen oder sogar den Chefsessel im Rathaus zu erobern. Auf Stichwahl stehen die Zeichen auch in Taufkirchen, wo gleich fünf Kandidaten anstelle des suspendierten Rathauschefs Jörg Pötke antreten.

Regelrecht vor einer Zäsur stehen die Menschen in Haar, denn hier geht eine Ära zu Ende: Nach 22 Jahren zieht sich Helmut Dworzak (SPD) aus der Politik zurück. Wer den profilierten Sozialdemokraten, der die Geschicke und das politische Klima am Ort geprägt hat, beerbt, entscheidet sich anders als in Pullach und Taufkirchen sicher schon am 16. März: Die zweite Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) und CSU-Fraktionschef Thomas Reichel sind die einzigen Kandidaten.

Aber auch in Gemeinden, wo die Amtsinhaber nicht ausscheiden, könnte es am Wahlsonntag spannend werden und zwei Wochen später zu einer Stichwahl kommen. In Neubiberg und Grasbrunn müssen sich die Bürgermeister Günther Heyland (FW.N@U) und Klaus Korneder (SPD) dreier Gegenkandidaten erwehren, in Grünwald und Unterhaching bekommen es die Amtsinhaber Jan Neusiedl (CSU) und Wolfgang Panzer (SPD) sogar mit vier Herausforderern zu tun. Offen ist der Wahlausgang auch in Höhenkirchen, wo Ursula Mayer (CSU) umstritten ist.

In Brunnthal, Oberhaching und Sauerlach gehen die Platzhirsche Stefan Kern und Stefan Schelle (beide CSU) sowie die parteilose Barbara Bogner dagegen als Favoriten ins Rennen. Und bereits entschieden ist die Wahl in Aying und Straßlach: Johann Eichler und Hans Sienerth (beide parteifrei) haben keine Gegenkandidaten. Gelassen können auch die Bürgermeister in Ottobrunn, Hohenbrunn und Putzbrunn bleiben: Thomas Loderer (CSU), Stefan Straßmair (CSU) und Edwin Klostermeier (SPD) wurden 2013 beziehungsweise 2012 gewählt und stehen damit nicht zur Wahl.

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