Süddeutsche Zeitung

Kommunalpolitik:Ein Plan für alle Flüchtlinge

Stadtrat beschließt nahezu einstimmig Integrations-Vorlage

Von Dominik Hutter

Was wird in München bereits geleistet? Und wo gibt es noch Bedarf für Verbesserungen? Das sind die beiden wichtigsten Fragen beim neuen Gesamtplan zur Integration von Flüchtlingen, den der Sozialausschuss sowie der Kinder- und Jugendhilfeausschuss des Stadtrats am Dienstag abgesegnet haben. Der Beschluss fiel nahezu einstimmig - lediglich Fritz Schmude von den "Liberal-Konservativen Reformern" (LKR) stimmte dagegen, weil es keinen Kostendeckel gebe. Die Münchner vermissten "die Finanzierung der gesamten Party", sagte Schmude - sehr zum Missfallen von Grünen-Stadträtin Katrin Habenschaden, die sich eine solche Wortwahl beim Umgang mit teilweise traumatisierten Flüchtlingen verbat. Es gehe nicht um eine Party, sondern um eine der wesentlichen gesellschaftlichen Fragestellung dieser Zeit, betonte die Politikerin, die Schmude gar den Kollegen-Status absprach. SPD-Sozialsprecher Christian Müller schloss sich Habenschaden ausdrücklich an. Wenn es nicht gelinge, die Menschen zu integrieren, habe dies neben gesellschaftlichen auch wirtschaftliche Folgen.

Tatsächlich geht es bei dem umfangreichen Integrationsplan, den das Sozialreferat gemeinsam mit mehr als 20 Münchner Organisationen ausgearbeitet hat, nicht um Geld. Vielmehr handelt es sich um einen rein fachlich orientierten Katalog, was die Stadt München zur Integration von Flüchtlingen leistet oder leisten sollte. Das Papier beinhaltet neben Statistiken eine Bestandsaufnahme bisheriger Integrationsangebote sowie einen Katalog mit Empfehlungen an die städtischen Referate. Was die einzelnen Projekte kosten, lässt sich erst schätzen, wenn die Verwaltung alle Details festgeklopft hat. Darüber entscheidet dann erneut der Stadtrat - nach dem üblichen Prozedere: über ein Ja oder Nein zu einer Beschlussvorlage, die der zuständige Referent vorlegt. Anders als bei vielen staatlichen Angeboten soll der Aufenthaltsstatus des Flüchtlings keine Rolle spielen. Geflüchtete seien vom ersten Tag ihres Aufenthalts an Teil der Stadtgesellschaft, lautet das Motto von Sozialreferentin Dorothee Schiwy. Auch wenn ihre Chancen, langfristig zu bleiben, gering sind.

Lourdes María Ros de Andrés von der Initiativgruppe Interkulturelle Begegnung und Bildung kritisierte, dass viele Bemühungen durch Versäumnisse des Freistaats ins Leere liefen, "es wird verhindert, dass Integration gelingt". CSU-Stadtrat Marian Offman beteuerte hingegen, der Freistaat gebe von 2015 bis 2019 neun Milliarden Euro für Flüchtlinge aus. Rund 20 000 Flüchtlinge seien 2015 und 2016 gekommen - eine Zahl, die angesichts der Einwohnerzahl Münchens "niemanden beunruhigen muss".

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SZ vom 07.03.2018
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