Münchner CSU:Wie blamabel, wie kleinkariert

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Mit dem Versuch, den Kammerspielen einen Maulkorb zu verpassen, offenbart die CSU ein seltsames Demokratieverständnis. Und wirbt unfreiwillig für die Ausgehetzt-Demonstration.

Kommentar von Heiner Effern

München muss sich immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, langweilig zu sein, übersättigt, bräsig. Die Einwohner engagierten sich nur, wenn ihnen vor der eigenen Haustüre etwas stinke, heißt es gerne. Dabei hat die Stadt in den vergangenen Jahren politische Zeichen gesetzt, für die sie sich keineswegs schämen muss.

Mit von der besten Seite zeigten sich die Münchner nicht nur einmal, als sie immer wieder zu vielen Tausenden auf die Straße gingen und für eine bunte, weltoffene Stadt warben. Erwähnt seien beispielhaft die Demonstrationen vor dem Nationaltheater, auch deshalb, weil die Münchner Bühnen sichtbar und leidenschaftlich für eine tolerante Gesellschaft kämpfen.

Es ist gut und wichtig, dass die Kulturschaffenden nicht nur um sich selbst und um ihren Besucherkosmos kreisen, sondern sich auch auf der Straße zeigen. Nun begeht die CSU gerade einen fundamentalen Fehler, weil sie genau dies verhindern will. Sie droht den Kammerspielen und dem von ihr ungeliebten Intendanten Matthias Lilienthal mit dem Dienstrecht, weil sie wie etwa 130 andere Organisationen zur "Ausgehetzt"-Demonstration am Sonntag aufrufen.

"Ausgehetzt"-Kundgebung
:CSU fordert Maulkorb für die Kammerspiele

Das städtische Theater ist eine von 130 Organisationen, die zur Groß-Demo gegen die CSU-Spitze aufrufen. Für ihre Attacke ernten die Christsozialen viel Kritik - und Spott vom Intendanten.

Von Dominik Hutter

Richtig, dort soll es explizit gegen die Ausgrenzungspolitik der CSU gehen. Da es aber bei allen vorherigen Kundgebungen, zu denen die Kammerspiele mit aufriefen, kein Veto der CSU gab, bleibt nur der Schluss: Wenn das Motto der Demonstration passt, dürfen die städtischen Bühnen demonstrieren. Sonst halt nicht.

Solch ein blamables und kleinkariertes Demokratieverständnis steht im direkten Widerspruch zum Wesen einer liberalen Großstadtpartei, die die CSU in München so gerne sein will. Sie diskreditiert damit auch ihren bisherigen Einsatz für eine offene Gesellschaft: Ohne großes Tamtam stimmte sie zum Beispiel im Stadtrat für viele teure Initiativen, die eine weitgehend vorbildhafte Integration der vielen neuen Bürger ermöglichen.

Ein lässiges Ignorieren der demonstrierenden Kammerspiele wenigstens nach außen hätte viel besser dazu gepasst. Abgesehen davon darf man vermuten, dass dieser Schuss auch strategisch ein Rohrkrepierer wird: Eine bessere Motivation, für ein weltoffenes München auf die Straße zu gehen, hätte die CSU gar nicht liefern können.

© SZ vom 18.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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