Kommentar:Verpasste Chance

Wie erreicht man als Ernährungsrat ein breites Bündnis? Sicher nicht, indem man Maximalforderungen stellt und alle anderen, die nicht so weit gehen wollen, von vorneherein ausgrenzt

Von Franz Kotteder

Sie haben ja sehr recht, die Leute vom neuen Ernährungsrat. München bleibt nicht verschont vom Klimawandel, von Flächenversiegelung, Artenschwund sowie Industrialisierung der Nahrungsmittelversorgung und der Landwirtschaft, und nur zwei Prozent der hier verbrauchten Lebensmittel kommen tatsächlich aus der Stadt und dem näheren Umland. Ein breites Bündnis wäre nötig, um gegenzusteuern, um ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass es nicht weitergehen kann wie bisher: nicht global, aber auch nicht vor Ort.

Ein breites Bündnis: Aber wie erreicht man das? Sicher nicht, indem man Maximalforderungen stellt und alle anderen, die nicht so weit gehen wollen, von vorneherein ausgrenzt. Ein breites Bündnis geht nur mit Kompromissen, das ist mitunter anstrengend, wie viele demokratische Veranstaltungen. Aber es lohnt sich, wenn man damit etwas erreicht.

Der Ernährungsrat aber hat gleich zu Beginn seiner Existenz die Chance verpasst, ein breites Bündnis zu werden. Mit Sonja Dirl im Vorstand hätte er eine Vertreterin des Bauernverbands im Boot gehabt und signalisieren können: Unsere Ziele sind mehrheitsfähig, wir sind eine Stimme, die nicht nur in den immer noch engen Grenzen der Öko-Bewegung Gehör findet, sondern auch in weiten Kreisen der etablierten Parteien. Aber politisches Denken ist wohl nicht die Stärke des Vereins. Die meisten Gründungsmitglieder wollen offenbar doch lieber weiter in ihrer ökologischen Wohlfühlblase kuscheln, als gesellschaftliche Bedeutung und wirklichen politischen Einfluss zu erlangen. Dementsprechend sieht der Vorstand nun auch aus: lauter ehrenwerte Vertreter der reinen Lehre, die es schwer haben dürften, im Stadtrat die bürgerlichen Parteien jenseits der Grünen zu überzeugen. Schade, denn politische Debattierclubs ohne großen Einfluss gibt es schon genügend in der Stadt.

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