Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Rechtzeitig eingelenkt

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Die Entscheidung für eine Aufzug-Lösung am Laimer S-Bahnhof war so zwingend wie richtig. Nicht zuletzt verbucht die Bahn einen Imagegewinn

Von Thomas Kronewiter

Die Debatte um die problematische Erschließung des Laimer S-Bahnhofs während der jahrelangen Umbauzeit zeigt beispielhaft, wie gewinnbringend ein modernes Verständnis von Planungskultur sein kann. Wie im Streit um den Trassenverlauf der Truderinger und der Daglfinger Kurve haben die Planer der Bahn zugehört, stichhaltige Argumente zugelassen und geprüft. In Daglfing und Trudering hat dies dazu geführt, dass die Bahn nur marginal von ihrem Vorschlag abgerückt ist, weil sie am Ende eines Dialogprozesses zu dem Schluss kam, die eigenen Überlegungen seien stichhaltiger. In Laim war es nun anders: Die Bahn hat eingesehen, dass ein jahrelanges Sperren der wichtigen Ein- und Umsteige-Drehscheibe zum Flughafen für mobilitätseingeschränkte Passagiere nicht hinnehmbar ist. Dafür muss man dem Unternehmen, das sich die nun gefundene Aufzug-Lösung ja auch den einen oder anderen Euro kosten lassen muss, Respekt zollen.

Zu konstatieren ist aber auch, dass der Sinneswandel der verantwortlichen Planer nicht zuletzt auf den massiven, gemeinsam erzeugten Druck von Politikern und Verbänden zurückzuführen ist. Wie groß der Aufschrei der Öffentlichkeit ausfallen würde, wenn erst der Bahnhof komplett abgeklemmt worden wäre, haben sich die Entscheider offenkundig noch rechtzeitig klar gemacht. Ortskenntnis, Fachkenntnis und Kompromissfähigkeit - das sind die Schlüsselworte solcher Dialogprozesse. Wenn nicht der obsiegt, der am lautesten schreit, sondern der, der die besten Argumente hat, funktioniert Bürgerbeteiligung, funktioniert das System der vorberatenden Bezirksausschüsse.

Das kostet Zeit und Geld, am Ende aber spart es auch. Verbraucher- oder Fahrgastverbände müssen nicht mit Klagen drohen oder sie gar einreichen, Planungsverzögerungen lassen sich vermeiden, die allgemeine Zufriedenheit steigt, wenn ein tragbarer Kompromiss erreicht ist - gepaart mit dem guten Gefühl für alle, die sich eingebracht haben, dass die investierte Zeit nicht umsonst war. Und die Bahn - sowie jede andere Kommune oder jedes andere Unternehmen in ähnlicher Lage - verbucht einen Imagegewinn. Die Bahn kann ihn sicher brauchen.

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Quelle:
SZ vom 24.01.2020
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