Kommentar:Planerisch vergeigt

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Sollen sich die Jugendlichen in der Au doch zum Hallenhalma treffen und die Bayerische Hausbau beim Verkauf ihrer hochpreisigen Wohnungen auf dem ehemaligen Paulaner-Gelände nicht mit ihrem Lärm stören. Wieder einmal hat sich ein Investor seiner gesellschaftlichen Verantwortung entzogen.

Von Johannes Korsche

Jugendliche in Haidhausen haben schon heute kaum Räume, in denen sie "jugendlich" sein dürfen, soll heißen: Laut sein, noch lautere Musik hören und auch mal lärmend rumschreien. Denn verhalten sie sich altersgerecht, sind Konflikte mit der Nachbarschaft die leider logische Folge: Rücksichtslos sei das, zu laut und so belästigend, wird ihnen schnell vorgeworfen. Es stellt sich dann nur die Frage, wo sie in ihrer Freizeit hin sollen, wenn sie nicht zu Hause vor dem Computer oder der Konsole versauern sollen und zugleich nicht im Viertel "herumlungern" dürfen? Weil sowohl Stadt, als auch Bauherr bei dem neuen Wohnquartier auf dem ehemaligen Paulaner-Gelände die Bedürfnisse der Jugend nicht ausreichend beachtet haben, deutet sich schon heute eine Verschärfung eben dieses Konfliktes an.

Denn ein wesentlicher Bestandteil des planerischen Konzepts, wie der Zuzug der Jugendlichen aufgefangen werden sollte, bricht nun weg: Ein denkmalgeschütztes Haus, wie es der Jugendtreff in der Au nun ist, wird nicht, wie vorgesehen, mal eben vergrößert werden können. Das wäre aber "unerlässlich" gewesen, wie die Stadt selbst vor einigen Monaten feststellte. Die Vergrößerung des Jugendtreffs wurde übrigens erst nötig, weil die Bayerische Hausbau keine Jugendfreizeitstätte auf ihrem eigenem Gelände nachweisen muss. Lieber lässt sie freiwillig und medienwirksam ein "Sternenhaus" für trauernde Menschen in eines der neuen Gebäude einziehen, was gewiss ein löbliches Projekt ist. Nur befriedet es eben nicht die durch ihr Bauprojekt entstehenden Bedürfnisse. Was - blickt man auf die geleisteten Kompensationszahlungen bei den öffentlichen Grünflächen - leider ein wiederkehrendes Muster ist.

Dass nun nicht mehr baurechtlich eingegriffen werden kann, die Jugendlichen aber vielleicht ein Indoor-Angebot auf dem Gelände finden könnten, wie es das Planungsreferat mitteilt, ist da leider nur die konsequente Fortführung einer über die Maßen investorenfreundlichen Denkweise. Sollen sich die Heranwachsenden doch zum Hallenhalma treffen, und die Hausbau beim Verkauf ihrer hochpreisigen Wohnungen nicht mit ihrem Lärm stören. Aber die Jugendlichen, die bald in den Häusern wohnen, werden sich schon treffen. Irgendwo im Viertel. Zum Musikhören und Lärmen. Zum Leidwesen der Nachbarn.

© SZ vom 15.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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