Kommentar:Peinlich langsam

Die Landeshauptstadt ist mit ihrer IT-Ausstattung weit hinter der Zeit. Wenigstens gibt es jetzt ein Konzept

Von Melanie Staudinger

Natürlich könnte man jetzt die Augen verdrehen. Ja, Münchens Schulen quälen sich mit einer desolaten Computerausstattung herum. Viele Lehrer und Schüler sollen im Internet mit einer Geschwindigkeit surfen, die schon vor zehn Jahren nicht mehr als zeitgemäß galt. Im Schnitt teilen sich an Gymnasien 69 Lehrer einen Rechner. Und selbst der angestaubte Tageslichtprojektor ist in vielen Klassenzimmern noch vorhanden. Interessierte von außerhalb können es meist gar nicht glauben, dass in der Landeshauptstadt, die bis 2030 fast zehn Milliarden Euro in ihre Schulen investieren will, solche Zustände herrschen.

Im Vergleich zu ländlichen Gemeinden mutet die Situation tatsächlich peinlich an: Dort gilt eine moderne technische Ausstattung als Statussymbol. Bürgermeister eröffnen stolz neue Computerräume. Die meisten Schüler auf dem Land haben von Modem und DSL höchstens im Geschichtsunterricht gehört, Münchens Schüler sollen damit arbeiten. Keine Frage, digital gesehen hat die Stadt den Anschluss noch nicht geschafft und muss nacharbeiten. Das haben Bildungsreferat und Stadtrat erkannt und ein durchaus beeindruckenswertes Ausbauprogramm aufgesetzt.

Die Misere mit der IT-Ausstattung zeigt aber ein viel größeres Problem. Die Stadt muss Aufgaben in einer Größenordnung schultern, die Politiker im Umland nur erahnen können. Das Bildungsreferat verwaltet derzeit 339 Schulen und mehr als 400 Kindertageseinrichtungen. Die Computerausstattung muss für 152 000 Schüler, 11 000 Vollzeitlehrer, 500 pädagogische Fachkräfte und 5500 Erzieher reichen. Da zieht man nicht einfach so los und schließt mal ein paar Rechner an. Das will geplant sein. Umso besser ist es, dass es für Münchens Schulen jetzt ein Konzept gibt. Dieses allerdings muss flexibel bleiben. Sonst kann die Stadtverwaltung im Jahr 2022, wenn die letzte Bildungseinrichtung am schnellen Internet angeschlossen sein soll, wieder von vorne anfangen. Digitale Neuerungen werden auch weiterhin nicht auf die Stadtverwaltung Münchens warten.

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