Kommentar:Mehr als ein Placebo

Mehr Mitsprache für die Bürger,  gar Mitbestimmung? Das Instrument der Stadtteilkonferenz könnte dafür der richtige Ansatz sein

Von Renate Winkler-Schlang

Wozu braucht ein Viertel eine "Stadtteilkonferenz"? Es gibt doch Jahr für Jahr eine Bürgerversammlung. Und für die kleinen Anliegen zwischendurch bietet jeder Bezirksausschuss seine Bürgersprechstunden und die Mailadresse seiner Geschäftsstelle. Berg am Laim hat dieses neue Format im April dennoch ausprobiert. Und es hat eingeschlagen. Offenbar macht es einen Unterschied, ob man sich den starren Regularien einer Bürgerversammlung unterwerfen muss, wo zuerst der Versammlungsleiter und dann der Bezirksausschussvorsitzende und obendrein auch noch die Polizei und hinterher noch alle möglichen Sachbearbeiter aus der Stadt reden dürfen, solange sie wollen - während für den Bürger gilt: Rede maximal fünf Minuten und dann schweige für den Rest des Abends.

In der Berg am Laimer Stadtteilkonferenz konnten sich die Menschen aussuchen, an welchem Thementisch sie ihre Idee vortragen wollen. Es standen kompetente Moderatoren bereit, die das Viertel kennen und die wohlwollend nachfragten, wie dies und jenes denn gemeint sei. Man kam ins Gespräch, die Bürger fühlten sich wahrgenommen und verstanden, feilten gemeinsam an Details für ihre Anträge, die Stimmung war konstruktiv. Nun ist sie das bei mancher offiziellen Erörterungsversammlung für einen Bebauungsplan oft auch, denn viele Bürger haben Lust, sich einzubringen oder wollen, was sie als schlimm erachten, verhindern. Doch viel zu selten finden Bürger ihre Anregungen in einem fertigen Projekt umgesetzt. Allzu oft kommt die Klage, eine Versammlung habe letztlich als Placebo gedient und man hätte sich den Aufwand sparen können.

In Berg am Laim ist nun immerhin alles akribisch für die Öffentlichkeit dokumentiert und gleich mit allen möglichen Infos zum Sachstand versehen worden. Und das Modell Stadtteilkonferenz soll keine Eintagsfliege bleiben: Die nächste ist schon geplant, im Oktober ist der Verkehr das Thema. Da geht es richtig ans Eingemachte, denn es wachsen hier zwar die Häuser in den Himmel, aber nicht die Verkehrswege in die Breite. Da müssen zukunftsweisende Ansätze her, da ist Schwarmintelligenz gefragt, da kann sich auch die Stadt nicht wegducken. Dann steht auch das Modell Stadtteilkonferenz auf dem Prüfstand.

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