Kommentar:Lasst die Busse vor

Die Stadt will auf einigen Straßen Busse bevorzugen. Das ist gut, auch wenn das Staus erzeugt. Denn es ist unumgänglich - und irgendwann werden das auch Autofahrer einsehen

Von Andreas Schubert

Busspuren sind oft daran gescheitert, dass der Stadtrat sich nicht traute, den Autofahrern Parkplätze oder Fahrspuren wegzunehmen. Anscheinend haben die Politiker, auch die der CSU, endlich erkannt, dass dies so nicht weitergehen kann - zumindest dann nicht, wenn man mehr Menschen zum Umsteigen auf den öffentlichen Nahverkehr bewegen und so die Luft in der Stadt sauberer bekommen will. Der erste Schritt vom Dienstag, in zweieinhalb Jahren neun Maßnahmen für wichtige Buslinien durchzusetzen, ist schon mal nicht schlecht, aber kein Grund, sich mit einem zufriedenen "sauber sog i" zurückzulehnen. Denn es wird noch lange nicht reichen, das weiß jeder, der täglich mit dem Bus unterwegs ist.

Zwar fahren Metrobusse wie der 62er zur Stoßzeit alle sechs Minuten. Doch weil Staus auf Münchens Straßen nur schwer vorherzusehen sind und Busse regelmäßig stecken bleiben, kommt es vor, dass zwei Busse direkt hintereinander an der Haltestelle ankommen, der nächste dafür erst in 20 Minuten. Je länger eine Linie ist, desto häufiger kommt es zu solchen Unregelmäßigkeiten, desto unattraktiver wird der Busverkehr.

Rund 700 000 Menschen nutzen täglich die Busse der Münchner Verkehrsgesellschaft. Für sie muss man deutlich mehr Platz auf den Straßen reservieren als nun geplant. Das wird kurzfristig zu mehr Staus für den Individualverkehr führen. Aber irgendwann werden auch diejenigen Autofahrer, denen der öffentliche Nahverkehr aus Prinzip am Auspuff vorbeigeht, einsehen, dass es keinen Sinn mehr hat, selbst mitten ins Zentrum zu fahren. Und wenn die Stadt wegen des hohen "Parkdrucks" zaudert, Stellplätze zu streichen, muss sie sich die Frage gefallen lassen, warum jemand, der zum Beispiel im Glockenbachviertel wohnt, unbedingt dort auch ein Auto abstellen muss. Parkplätze vor der Haustür sind kein Grundrecht. Eine solche Haltung ist nicht autofeindlich, sondern vielmehr menschenfreundlich.

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