Kommentar:Konsequenzen des Geburtsfehlers

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In der Parkstadt Schwabing dürfte das Übergewicht an Büroarbeitsplätzen künftig noch stärker ausfallen. Einem gewollten Treffpunkt wird deshalb die Laufkundschaft fehlen.

Von Thomas Kronewiter

Ursprünglich ist es eine prima Idee gewesen, der Parkstadt Schwabing mit Hilfe eines urbanen Treffpunkts ein wenig zu dem Leben zu verhelfen, das viele der Bewohner dort vermissen. Dass es dazu gar nicht viel braucht, etwa einen ruhigen, autofreien Platz, ein paar Bäume, Bänke, womöglich ein bisschen Gastronomie, zeigt sich vielerorts in der Stadt, sogar in den benachbarten Vierteln. Nur müssen auch die Rahmenbedingungen stimmen. Die Ursprungsplanung sah für diesen, den noch teilweise brachliegenden Teil der Parkstadt, eine Mischung aus Gastronomie, Läden, Büros und vor allem Wohnen vor.

Aus einem Wohnhochhaus, aus dem gegenüberliegenden Hotel, aus dem anliegenden Büroturm und den weiter entfernten Wohnquartieren hätten die Menschen auf die Piazza der Parkstadt strömen sollen, in ihrer Mittagspause, für ein Bier am Abend, für gemütliche Begegnungen am Wochenende. Nun aber sind die Randbedingungen dieser Planung vollkommen auf den Kopf gestellt. Der Investor hat angekündigt, nach jahrelangen Gesprächen mit der Stadtplanung über das Konzept auf die Wohnungspläne zu verzichten und stattdessen Büros und Gewerbe realisieren zu wollen. Eine Wendung, die im Rathaus am Marienplatz heftig bedauert wurde, die aber auch weitere Gespräche zu ändern nicht geschafft haben.

Nun zieht der Geburtsfehler der Parkstadt weitere Konsequenzen nach sich: Nicht nur, dass das Übergewicht der Büroarbeitsplätze künftig noch stärker ausfallen dürfte. Nun fehlt einem gewollten Treffpunkt auch noch das nötige Umfeld. Ob so viel Laufpublikum vorbeikommt, dass eine Gastronomie funktioniert? Ob die geplante Ladenzeile, so sie überhaupt noch kommt, ohne die Menschen, die dort ihre Einkäufe erledigen wollen, genug Kunden bekommt? Die Büroarbeiter allein werden für das Auskommen der Ladenbetreiber nicht sorgen können. Und sie werden auch kaum die Parkstadt beleben, schon gar nicht abends und am Wochenende.

Es ehrt den Investor, dass er an der Idee der urbanen Mitte festhält und sich sogar finanziell daran beteiligen will. Die eigentlich mit diesem Konzept verbundene stadtplanerische Absicht aber wird nicht erreicht - sieht man davon ab, dass die Umgestaltung den Durchgangsverkehr vermutlich tatsächlich bremsen dürfte. Ursprünglich, das liest man heute noch aus den Beschreibungen und den dazu gehörigen Skizzen heraus, hatten Planer vermutlich ebenso wie Politiker weit höhere Ambitionen.

© SZ vom 31.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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