Kommentar:Kaltes Kalkül

Es ist keineswegs Gedankenlosigkeit, die den CSU-Politiker Michael Kuffer im Bundestagswahlkampf zu Holzhammer-Methoden greifen lässt, sondern kaltes Kalkül

Von Berthold Neff

Aggressiv auftretende Gruppen am Harras, von Alkoholikern und Drogenabhängigen besetzte Parkbänke am Harthof, der Partnachplatz ein Ort, den man meiden möchte, das Westkreuz ein Areal, an dem man sich ängstigen muss, der Laimer Platz schlecht einsehbar und damit ein gutes Versteck für potenzielle Täter, ja selbst die Senftenauerstraße zwischen Laim und Hadern kann man abends kaum noch zu Fuß passieren, ohne angepöbelt zu werden.

Kein Wunder, dass es Michael Kuffer nicht mehr aushält in München und dass er auf dem CSU-Ticket unbedingt nach Berlin will. Wer solche Sätze, die 170 Bürger binnen zehn Tagen in seinen im Internet offerierten Angstraum-Melder eingetragen haben, für bare Münze nimmt, muss sein Wohl selbstverständlich in der Flucht suchen, auch wenn München der Polizei zufolge die sicherste Millionenstadt Deutschlands ist.

Man sollte von einem 45 Jahre alten Rechtsanwalt, der seit fast neun Jahren für die CSU im Rathaus sitzt und seit 2014 als stellvertretender Fraktionsvorsitzender "die Stadtpolitik in München entscheidend mitgestaltet", wie er selber verkündet, alles andere erwarten als üble Angstmacherei. Es ist aber keineswegs Gedankenlosigkeit, die ihn zu solchen Holzhammer-Methoden greifen lässt, sondern kaltes Kalkül: Nur wenn die Menschen glauben, dass die Lage sehr schlimm ist, wählen sie einen Hardliner, der endlich für Ordnung sorgt. Peter Gauweiler, sein Mentor und Vorgänger im Wahlkreis, hat dies stets exemplarisch vorgemacht.

Als sicherheitspolitischer Sprecher habe er sich, so Kuffer selbst, bereits "einen Namen gemacht" und auch in Sachen Stadtplanung und Verkehr "maßgebliche Weichenstellungen zum Erhalt und zum Ausbau der Lebensqualität in der wachsenden Stadt mit auf den Weg gebracht". Vor allem das Thema Sicherheit liegt ihm nach wie vor am Herzen: "Nach den Anschlägen des Jahres 2016 ist Michael Kuffer im Juli 2016 ins Amt des sicherheitspolitischen Sprechers der Rathaus-CSU zurückgekehrt." Klar, nur die Besten schaffen es, den Terroristen die Stirn zu bieten.

Ob es Michael Kuffer peinlich ist, dass sich die Polizei genötigt sieht, ihn zu widerlegen, weiß man nicht. Was man aber weiß, ist: Es wäre schade, sollte er von den Wählern durch die Flucht nach Berlin belohnt werden.

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