Kommentar:Glanz mit Schattenseiten

Igor Zelensky verlängert seine Zeit als Direktor des Staatsballets bis 2026 - und wird spektakuläre Gäste nach München bringen. Dies wie auch die phänomenale Abendkasse mit durchschnittlich 95 Prozent verkaufter Karten machen ihn und Kunstminister Bernd Sibler stolz. Doch der Glanz hat seinen Preis

Von Eva-Elisabeth Fischer

Es kommt einem vor, als hätte sich Igor Zelensky in den ersten drei Jahren erst einmal warm gelaufen. Als ehemaliger Tänzer - er war ja einer der ganz Großen - weiß er, wie wichtig sorgfältige Vorbereitung für große Sprünge ist. Jetzt, nach den ersten drei von fünf Jahren als Direktor des Bayerischen Staatsballetts seit der Spielzeit 2016/17 und seit Dienstag mit dem bis 2026 verlängerten Vertrag in der Tasche, haut er die Trümpfe raus: Alexei Ratmansky, der russische Klassikerneuerer mit Standbein beim American Ballet Theater, David Dawson, gefeiert beim New York City Ballet, der Engländer Wayne McGregor und die auch hierzulande umworbene Israelin Sharon Eyal werden sich als Gäste die Klinke in die Hand geben.

Alles für die nächsten drei Jahre sei in trockenen Tüchern, sagt Zelensky. Dabei verändert er nicht einmal sein Konzept. Er kann nur (selbst-)sicherer planen, weil er weiß, dass nicht nur der 2021 scheidende Opernintendant Nikolaus Bachler hinter ihm steht, sondern auch dessen Nachfolger Serge Dorny. Und, allen voran, Kunstminister Bernd Sibler, der vor der Sommerpause partout nicht damit rausrücken wollte, ob Zelenskys Vertrag verlängert würde. Es ist nicht nur die phänomenale Abendkasse mit durchschnittlich 95 Prozent verkaufter Karten dank reichlich abgehangener Abendfüller, die den Intendanten wie auch den Minister strahlen lässt. Es ist der Glanz, den man sich von Zelensky versprochen hat. Ein Versprechen, das er wohl spätestens einlöst zum 30. Jubiläum des Bayerischen Staatsballetts in der Spielzeit 20/21. Geplant ist der Austausch mit dem Bolschoi in Moskau, wo die Münchner mit jeweils zwei Opern und Ballettabenden gastieren.

Soviel Glanz freilich hat seinen Preis: eine hohe Verletzungsquote, weil ein riesiges Repertoire von zu wenigen Tänzern bewältigt werden muss. Zelensky befleißigt sich bekanntlich, zumal wegen des rigiden Arbeitsschutzgesetzes, eines autoritären Führungsstils und fordert von seinen Tänzern und Tänzerinnen allzeit Höchstleistungen. Vielleicht haben die beiden Publikumslieblinge Ksenia Ryzhkova und Jonah Cook auch deshalb München zugunsten von Zürich verlassen.

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