Kommentar:Gefahr für das Miteinander

Mit unbelegten Behauptungen hilft man den Flüchtlingen nicht - und man verunsichert die Bürger

Von Bernd Kastner

Sie haben ihrem berechtigten Anliegen keinen Gefallen getan, weder der SPD-Abgeordnete Hans-Ulrich Pfaffmann noch jene Organisationen, die im "Aktionsbündnis für Flüchtlingsfrauen" zusammengeschlossen sind. Sie wollen Asylsuchende besser schützen und setzen dafür Vorwürfe in die Welt, die erschreckender kaum sei könnten: "tagtäglich Vergewaltigungen, sexuelle Gefälligkeitsdienstleistungen und Prostitution" in der Bayernkaserne. Vermutlich gibt es Übergriffe in Unterkünften, aber kaum in dieser Dimension. Jedenfalls braucht es mehr als Geschichten aus dritter Hand.

Dieses Vorgehen ist mehr als ungeschickt, es ist fahrlässig. Nicht nur deshalb, weil sich jetzt die Helfer-Szene streitet. Die für Asyl-Unterbringung Verantwortlichen könnten es sich jetzt einfach machen und sagen: Wenn ihr so übertreibt, dann sind eure Forderungen doch auch nicht ernst zu nehmen.

Am fatalsten aber könnte die Wirkung dieser Aktion bei den Bürgern sein. Leicht entsteht der Eindruck, dass die Bayernkaserne ein großes Bordell sei, dass Sodom und Gomorrha herrschen. Man kann darauf warten, bis Hass-Bürger solche Behauptungen aufgreifen, anreichern, verbreiten. Als ob rund um die Kaserne nicht schon genügend Gerüchte kursierten. Das an sich flüchtlingsfreundliche München ist nicht gefeit vor Schlussfolgerungen wie dieser: Wenn das aus der Kaserne erzählt wird, ist es bestimmt in allen Heimen so. Nehmt euch in Acht, Flüchtlinge sind gefährlich! Und das in Zeiten, da in jedem Stadtteil neue Heime entstehen, weil so viele Schutzsuchende kommen. Gerade jetzt sind Stadt, Helfer und Flüchtlinge auf das Miteinander mit den Münchnern angewiesen. Da sind unbelegte Schreckensmeldungen kontraproduktiv.

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