Kommentar:Falsche Richtung

Der Lotsendienst "Pontis" ist ein Erfolg - das Behörden-Begleitprogramm zu Gunsten von Flüchtlingen verdient deshalb eine professionelle Ausstattung

Von Stefan Mühleisen

Die Idee des Pontis-Lotsenprojekts ist in seiner Umsicht bestechend. Migranten sind oft überfordert im Kontakt mit Behörden. Sie sind noch dabei, Deutsch zu lernen, also wie sollen sie die oft verschlungenen Anträge für ihre Sozialleistungen ausfüllen? Die Lösung: Kompetente Landsleute stehen ihnen nahezu ehrenamtlich zur Seite, helfen ihnen, in dieser Stadt am Leben teilzuhaben. Es ist ein großartiges Angebot, das die Diakonie Hasenbergl im Münchner Norden anbietet - und ein dringend nötiger Service, wie auch das Sozialreferat jetzt durchblicken lässt. Das zeigt, dass die Rathauspolitik sich dieser Sache schleunigst annehmen und entschlossen Entscheidungen fällen muss.

Der Zuschussantrag für eine Pontis-Dependance in Schwabing-Freimann legt eine Lücke offen, für die Pontis, wie die lateinische Wortwurzel schon sagt, eine Brücke bildet: Tausende Migranten in dieser Stadt brauchen praktische Hilfe im Umgang mit Ämtern, und das sind nur jene aus dem Münchner Norden. Im Umkehrschluss darf man annehmen, dass das in anderen Stadtbezirken irgendwie geschaukelt wird, mitunter aber wohl nicht so professionell, wie die Diakonie das im Hasenbergl, Am Hart sowie in Milbertshofen und Freimann macht - und wie es das Sozialreferat für angebracht hält. Es ist naheliegend, dass die Sozialbürgerhäuser eine solch beharrliche Zuwendung im gleichen Umfang wohl kaum leisten können - aber sollten sie es? Oder kann man das getrost einem freien Träger übertragen?

Die Rathauspolitik drückt sich seit mindestens acht Jahren vor einer klaren Antwort auf diese Frage. Denn so lange ist verbrieft, dass die Lotsen wertvolle Arbeit leisten, sonst wäre Pontis nicht in der Regelförderung. Doch offenbar wurde hier eine Ausnahme zur Regel gemacht. Das darf nun keinesfalls dazu führen, dass der Diakonie Hasenbergl ihr Engagement und ihr Erfolg zum Verhängnis werden - im Gegenteil. Irgendwer muss ja die Lotsen stellen, sie von Bord zu nehmen wäre die allerschlechteste Lösung.

Schon klar: Das kostet Geld, und die Haushaltslage gebietet es, jede Ausgabe sorgfältig abzuwägen. Doch den Stadträten muss daran gelegen sein, diese klaffende Beratungslücke endlich profund und gerecht für alle Migranten in der Stadt zu schließen. Kluge und umsichtige Lösungen sind gefragt - ganz so, wie es das Pontis-Projekt in der Praxis vorlebt.

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