Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Ein Versagen der Politik

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Vom großen Wurf beim Gasteig ist das Rathaus weit entfernt. Die Stadt muss sich endlich klar darüber werden, was sie mit dem Kulturzentrum vor hat

Von Franz Kotteder

Wer die vergangenen zwei Jahre mitverfolgt hat, wie sich die Stadt auf die Sanierung ihres Kulturzentrums vorbereitet hat, war zuletzt schier am Platzen vor freudiger Erwartung: Welch' genialischer Wurf stand da bevor, nachdem so viel Hirnschmalz verwendet wurde auf alle nur denkbaren Varianten, die dem Stadtrat eine niet- und nagelfeste Entscheidungsgrundlage geben sollten? Immer wieder war das Konzeptpapier für die Sanierung auf eine nächste Sitzung verschoben worden, es war noch nicht ausgereift genug. Und zum Schluss fuhrwerkten gar ein leibhaftiger Ministerpräsident und ein ebensolcher Oberbürgermeister dazwischen, weil sie dachten, man könnte auch noch einen supermodernen Konzertsaal für gleich zwei Weltklassespitzenorchester in die Philharmonie hineinbauen. Nach so viel Prüfungen, Untersuchungen und Berechnungen bis ins Detail musste doch endlich etwas Überzeugendes herauskommen.

Und was ist nun das Ergebnis? Man weiß jetzt, dass das Ganze bis zu 550 Millionen Euro kosten könnte. Alles andere ist zum größten Teil seit Jahren bekannt: die fünf Jahre Vorlaufzeit, die komplette Schließung auf zwei bis fünf Jahre und wie marode die Haustechnik ist. Ob man tatsächlich 2020 mit der Sanierung beginnen kann, weiß man immer noch nicht. Was dann genau mit Philharmonie, Carl-Orff-Saal und anderen Räumen geschehen soll, ist ebenso unklar. Das soll ein großer Wurf sein?

Es ist eher das Eingeständnis eines Versagens: Man muss halt etwas beschließen, damit die Bauaufsicht den Laden nicht 2020 einfach zusperrt. Eine Konzeption für die Zukunft hat man darüberhinaus jedoch nicht. Der Verwaltung kann man das nicht vorwerfen. Hier haben die Politiker versagt, die weder wissen, was sie am Gasteig haben noch wohin sie mit ihm wollen.

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Quelle:
SZ vom 26.06.2015
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