Kolumne:Torkelnd ins Glück

Während Junggesellinnen bei ihrem Abschied mit Bauchladen durch die Stadt laufen und versuchen, Kondome, Strings und Gleitgel zu verkaufen, zwängen sich die Herren in Hasenkostüme. Beobachtungen eines bizarren Schauspiels.

Thomas Anlauf

Seltsame Gestalten sind unterwegs. An Wochenenden ziehen sie los, in der Dämmerung, im Schutz der Nacht. Doch an ihren Zeichen sind sie zu erkennen: Sie zwängen sich in Hasenkostüme oder Frauenkleider, schleppen Eisenkugeln am Bein oder tragen Motto-Shirts: "Sorry Girls, ich heirate", "Ehesklave" oder, auch sehr beliebt: "Ich hätte sie alle haben können".

Kolumne: Im Hasenkostüm ins Eheglück: Jungesellenabschiede in München.

Im Hasenkostüm ins Eheglück: Jungesellenabschiede in München.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Junggesellenabschiede. Das sind meist halloweenartige Darbietungen, deren Ziel es ist, schweren Kopfes auf irgendeinem klebrigen Biertisch zu enden. Geradezu intellektuell wirkt dagegen, was sich bei JGAs (= Junggesellenabschieden) weiblichen Geschlechts abspielt.

Beispiel Balanstraße, Samstagabend: Eine Rotte junger Damen zieht glucksend durch Haidhausen, die holde Braut trägt Bauchladen. Der Plan: Die Zukünftige muss Geld eintreiben für einen letzten Rausch vor der ehelichen Ernüchterung. Echte Verkaufsschlager sollen Kondome, Strings und Gleitgel sein - in diesem Fall gab's nur Billigfusel und Kaugummikippen. Dennoch: ein echter Renner, das Spiel.

Aber es ist schon ein trauriges Ding um das Menschengeschlecht und seine gottgegebene Rollenverteilung: Während die Gesellen der Schöpfung zechen als wär's der Jüngste Tag, halten die holden Frauen den Bauchladen zusammen, um sich den Abschied aus der Jungfräulichkeit ehrlich zu verdienen. Nur: In München schert das ungleiche Spiel kaum ein Paar.

Laut Statistik halten Ehen hier, was sie versprechen. Münchner und Scheidung? Das wird ausgesessen. Nur in Chemnitz sind sich verliebte Seelen noch treuer als in der Weltstadt mit Herz. Eines muss allerdings erwähnt sein: Der Münchner Mann ist nicht der hellste. Im bundesweiten Städtevergleich hängen wir hier auf Platz 21 herum.

Und so werden wir auch künftig als Hasen verkleidet in Ehen torkeln - und nicht einmal merken, wie uns geschieht.

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