Süddeutsche Zeitung

Kolumne:Plätzchen statt Kätzchen

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Auch wenn das nächste Schmuddel-Tief schon wieder in Anmarsch ist: Es gibt kreative Möglichkeiten, sich mit der Wetterlage anzufreunden. Zum Beispiel, indem man Weihnachten ins Frühjahr verlegt.

Von Birgit Lutz-Temsch

Weihnachten sollte im März liegen. Das würde dem Schnee einen tieferen Sinn geben und die vielen Flüche ein bisschen dezimieren, die täglich ausgestoßen werden.

Drei Fliegen schlüge man mit dieser Kalenderänderung: Es wäre das ewige Gejammer im Dezember beendet, dass es wieder keine weiße Weihnachten gibt, dass wir überhaupt noch nie 15 Grad Plus an Weihnachten hatten, dass früher alles besser war, versunken sind wir da im Schnee! Man müsste nicht mehr in kurzen Hosen unterm Christbaum sitzen, Kunstschnee auf die Bäume vorm Fenster sprühen und den Glühwein am Heiligen Abend nicht mehr in den Kühlschrank stellen, um ihn richtig zu temperieren.

Gleichzeitig wäre das Geschimpfe im März beendet, dass es keinen richtigen Frühling mehr gibt, auch hier früher alles besser war und es überhaupt noch nie so lang kalt gewesen ist, einst haben um diese Zeit schon die Vögel gezwitschert! Schnee wäre noch immer toll. Die Flocken würden nicht nur als morgendlich-nervende Wimperntusche-Wischer und abendliche Ächzlaute hervorrufende Räumpflichtmasse zur Kenntnis genommen, nein, sie würden wohlig-weihnachtliche Gefühle verbreiten, die weißen Straßen lägen noch im sanften Schimmer der Adventsbeleuchtung.

Und überhaupt hätte man endlich genügend Zeit für Weihnachtsvorbereitungen - ist die staade Zeit nicht jedes Jahr viel zu hektisch? Plätzchen backen statt Palmkätzchen pflücken, Geschenke kaufen, Strohsterne basteln, auf der Ofenbank sitzen und Weihnachtslieder singen und doch mal in die Kirche gehen - all das könnte in völliger Ruhe verlaufen, wenn drei Monate mehr Zeit wären.

Silvester und die völlig schneefreie Bundesliga-Pause könnte man mitverlegen, und alle wären zufrieden: der Einzelhandel, die Skigebiete, die Fußballer, der Papst. Vielleicht sollten wir uns das wünschen, heuer, vom Christkindl.

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Quelle:
SZ vom 11.03.2005
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