Kolumne: After Eight:Wir sind die Picknicker!

Die Stadt verbietet Strandbars an der Isar? Kein Problem: Die Münchner feiern einfach als Selbstversorger. Außerdem gibt es da noch diesen ominösen Isar-Delivery-Service.

Beate Wild

Zuweilen hat es den Anschein, in München sei alles, was Spaß macht, untersagt oder zumindest unerwünscht. Das nächtliche Sitzen auf den Stufen vor dem Gärtnerplatztheater etwa oder das Trinken eines Biers vor einem Lokal nach 23 Uhr. Die lärmempfindlichen Nachbarn wachen über solche Verstöße in der Regel mit Argusaugen - die Telefonnummer der nächsten Polizeistation ist im Handy eingespeichert.

After Eight - Kolumne über das Nachtleben in München

Picknick statt Strandbar: Eine Gitarre und ein paar Bier sind Garanten für eine gute Stimmung.

(Foto: Foto: Schellnegger)

Und jetzt soll auch noch der Kulturstrand auf der Corneliusbrücke nicht genehmigt werden. Jedes Jahr die gleiche Provinzposse. Die Urbanauten reichen Vorschläge und Anträge ein, der Verwaltungsapparat wägt ab, kritisiert, diskutiert, lehnt ab und ringt sich in allerletzter Minute dann doch zu einem Okay durch. Im folgenden Jahr wieder die gleiche Farce.

Während andere Städte sich ihrem Fluß zuwenden, wendet München sich ab. In Hamburg oder Berlin klappt das doch fantastisch mit den Strandbars. Am Isarufer herrscht dagegen gastronomische Ödnis. Dabei gäbe es ein paar wirklich gute Plätze dafür. Etwa der Abschnitt zwischen Corneliusbrücke und Müller'schem Volksbad oder die Gegend rund um das Deutsche Museum: Das verwahrloste Ufer könnte man aufwerten mit einer schönen Strandterrasse. Aber nein, München weigert sich beharrlich, etwas urbaner zu werden.

Das Argument ist ja auch immer, man wolle keinen Ballermann an der Isar. Gut, wenn man ehrlich ist, hat der sogenannte Kulturstrand der Urbanauten auch herzlich wenig mit Kultur im eigentlichen Sinn zu tun. Es geht hier in der Regel darum, Bier oder Caipis zu trinken, seine Füße in den aufgeschütteten Sand zu stecken und elektronische Musik zu hören. Was natürlich völlig in Ordnung ist, aber mit Kultur eher weniger zu tun hat.

Doch offensichtlich muss man in München immer alles unter dem Deckmantel von Kunst und Kultur machen, sonst bekommt man sowieso keine Genehmigung von der Stadt. Das Oktoberfest scheint hierbei die einzige Ausnahme zu sein.

Strandbar hin oder her: Das Draußensitzen kann den Münchnern niemand verbieten! Wer braucht schon ein bewirtschaftetes Lokal, wenn er im Gras sitzen kann? Leute, packt ein paar Bier ein und setzt euch mit euren Freunden unter der Reichenbachbrücke an das renaturierte Ufer!

Wer gut organisiert ist, bringt sich noch eine Brotzeit mit. Das hat schon der Monaco Franze mit seinen Mädels seinerzeit so zelebiriert. Es müssen ja keine überteuerten Walderdbeeren vom Viktualienmarkt sein, es reicht ein Leberkäs.

Lesen Sie auf Seite 2, was es mit dem ominösen Isar-Delivery-Service auf sich hat.

Revolution durch Picknick

Wer es nicht mehr zum Einkaufen geschafft hat, holt sich etwas am 24-Stunden-Kiosk an der Reichenbachbrücke. Und selbst wer Lust bekommt auf etwas Deftiges, hat es nicht weit zum Bergwolf, zur Guten-Nacht-Wurst oder zum Dönermann seines Vertrauens.

Den Trend zum Picknick haben auch schon ein paar Lokale entdeckt und bieten Brotzeit-Pakete und Picknickkörbe zum Mitnehmen an, etwa der Bachmaier Hofbräu in der Leopoldstraße oder das Bavarese in der Ehrengutstraße. Auch der Pizza-Lieferservice bringt eine Bestellung an der Brücke vorbei.

Und in warmen Sommernächten gibt es immer noch diesen ominösen Mann mit seinem Fahrrad, der am Ufer auf und ab fährt und Alkoholika und Zigaretten verkauft. Gerne lässt er einem auch seine Handy-Nummer da. Bei Anruf liefert er das Gewünschte - mit nur geringem Aufpreis. Isar-Delivery-Service sozusagen.

Wie man sieht, es geht auch ganz gut ohne lizensiertem Strandlokal. Wenn es die Stadt nicht genehmigt, genehmigen wir uns halt eines. Der einzige Wermutstropfen ist, dass das Grillen im Innenstadtbereich verboten ist (schon wieder so ein Verbot!). Erst ab der Brudermühlbrücke Richtung Flaucher darf man brutzeln.

Aber wer braucht unbedingt einen Grill, wenn er auch eine leckere Brotzeit machen kann? Und wenn dann noch die Hundebesitzer ihre Vierbeiner im Griff haben und dafür sorgen, dass diese keine Haufen hinterlassen, sind wir restlos glücklich. Wir rufen hiermit auf zur Picknick-Revolution!

Die Kolumne "After Eight" erscheint jeden Donnerstag auf "München Extra", dem Stadtportal von sueddeutsche.de.

Bookmark: www.sueddeutsche.de/aftereight

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