Kolumne: After Eight:Tote Hose im Uni-Viertel

In München gibt es jede Menge Studenten, doch eine studentische Weggehszene sucht man vergeblich. Was ist denn da los?

Beate Wild

Eigentlich möchte man meinen, dass eine Stadt wie München - mit immerhin rund 1,3 Millionen Einwohnern und davon 100.000 Studenten - eine anständige studentische Weggehszene hat. In anderen, vornehmlich kleineren Uni-Städten, wie Regensburg oder Passau, gibt es das doch auch: Bars, in denen sich abends die Mediziner-Clique trifft und später mit ein paar Mädels von der soziologischen Fakultät, die sie gerade kennengelernt haben, noch um die Häuser zieht. Oder eine Disco, in der an einem Tag der Woche Reggae oder ähnliches läuft und wo man genau weiß, dass dort die süßen Jungs aus dem Seminar von Professor Huber immer rumhängen. Einfach Plätze, in denen sich Studenten mit Studenten treffen. Aber in München existiert nachts keine typische Studentenszene. Zumindest gibt es keine Schauplätze, an denen die angehenden Akademiker geballt auftreten. Die Maxvorstadt hat keinen einzigen Club Nicht mal in der Gegend, in der sie studieren, also in der Maxvorstadt, gibt es nennenswerte Läden. Keinen einzigen Club hat das Viertel, das muss man sich mal vorstellen. Getanzt und gefeiert wird da höchstens bei den Semesterpartys der Fakultäten. Im Dunstkreis der LMU, also zwischen Ludwigstraße und Barerstraße, gibt es freilich viele Cafés und Kneipen. Doch der Knaller sind sie alle nicht. Fährt man die Schellingstraße rauf, kommt man kurz nach der Amalienstraße gleich am Schall & Rauch vorbei - immer noch die beste Bar im Viertel. Hier werden die Drinks großzügig eingeschänkt, die Preise sind anständig, das Essen gut. Trotzdem trifft man Studenten hier eher am Nachmittag beim Latte Macchiato denn abends beim Gin Tonic. Das "Schall"-Publikum ist größtenteils den Uni-Zeiten längst entwachsen. Gleich neben dem Schall & Rauch gibt es eine Kneipe namens Brik, die demnächst schließen soll. Warum kann man nur vermuten: Während nebenan im Schall & Rauch fast jeden Abend der Bär steppt, ist im Brik gähnende Leere. Weshalb der Laden keinen Erfolg hat, weiß man nicht so genau, tut aber jetzt auch nichts weiter zur Sache. In der Schellingstraße gibt es noch die News Bar und das Soda, beides eher Frühstück- und Mittagslokale. Abends schlafen einem dort die Füße ein. Genauso im Café Puck und im Vorstadtcafé in der Türkenstraße. Gegenüber vom Puck gibt es noch den Tex-Mex-Schuppen Sausalitos. Klar, dort kann man zur Happy Hour große Cocktails zum halben Preis schlürfen. Aber sind wir uns doch mal ehrlich, wer geht denn da heute noch hin? Touristen aus Eberswalde oder Twens aus Ebersberg vielleicht, aber Studenten trifft man hier auch nicht an.

Kolumne: After Eight: Eher Langeweile als Partystimmung: Die Kneipen in der Maxvorstadt (im Bild: Die News Bar).

Eher Langeweile als Partystimmung: Die Kneipen in der Maxvorstadt (im Bild: Die News Bar).

(Foto: Foto: SZ)

Lesen Sie auf Seite 2, was im TU-Viertel so los ist und wo man noch einen Absacker trinken kann, wenn alles andere schon zu hat.

Tote Hose im Uni-Viertel

Um's Eck in der Theresienstraße findet man noch das Nido und die Cabane. Letztere hat wenigstens den Charakter einer lässigen Bar, aber studentische Gäste keine. Dann noch der Alte Simpl in der Türkenstraße, eine der ältesten Kneipen Münchens. Verkehrte dort Anfang des 20. Jahrhunderts noch Ludwig Thoma, Joachim Ringelnatz, Karl Valentin und später die Schwabinger Bohème, ist heute vom intellektuellen Geist wenig zu spüren. Seit ein paar Jahren gehört der Simpl zur Restaurantkette Egger. Immerhin hat die Küche wochentags bis zwei Uhr morgens, am Wochenende bis drei Uhr geöffnet.

Seit eineinhalb Jahren gibt es das Barer47 in der Barerstraße. Hatte man schon gehofft, dass durch ein neues Lokal endlich mal frischer Wind in die angestaubte Maxvorstadt kommt, muss man leider feststellen, dass auch diese Location ziemlich fad ist. Dann schon eher ins Le Florida in der Georgenstraße, das von ehemaligen Wirt des Nage & Sauge betrieben wird. Coole Kneipe, in der man gut Essen und Trinken kann, doch auch hier eher Publikum, das man nicht mehr in der Uni vermutet.

Das Gleiche ein paar Häuser weiter in der Vega-Bar. Zwischen diesen beiden Kneipen befindet sich übrigens das legendäre Pomp, die einzige Bar in der Maxvorstadt, die bis vier Uhr morgens und oftmals auch länger offen hat, und in der man wunderbar noch einen Absacker trinken kann, wenn alles andere in der Maxvorstadt schon dicht gemacht hat.

Lieber Glockebach als Maxvorstadt

Im TU-Viertel schaut die Bar-Szene noch trauriger aus. Die einzige wirkliche Studentenkneipe ist das Steinheil in der Steinheilstraße, bekannt für seine überdimensionalen Schnitzel und seine günstigen Preise. Daneben gibt es noch das Café Jasmin und in der Theresienstraße noch das Giulia, doch beides eher etwas für tagsüber, wenn die gestressten Studenten eine Kaffeepause brauchen.

Warum ist das so? Weshalb kann man im Uni-Viertel nicht ausgehen, wie es einer Großstadt würdig wäre? Sind die Münchner Studenten Streber und sitzen nur zu Hause beim Lernen für die nächste Klausur? Oder liegt es daran, dass München zu groß ist und das Verhältnis Einwohner zu Hochschüler die Studentenszene verwässert? Wahrscheinlich ist es einfach nur so, dass es die Studenten halt auch ins angesagte Glockenbachviertel drängt, immer schön dahin, wo alle anderen sind. Wer geht denn schon in der Maxvorstadt aus?

Die Kolumne "After Eight" erscheint jeden Donnerstag auf dem neuen Stadtportal "münchen extra" von sueddeutsche.de.

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