Kolumne: After Eight:Reif für die Insel

Lesezeit: 3 min

Ein Sommer voller Partys: Bereits vor 200 Jahren wurde auf der Praterinsel wild gefeiert. Diese alten Zeiten könnten jetzt wieder anbrechen.

Beate Wild

Die Münchner jammern ja gerne, dass sich im hiesigen Nachtleben viel zu wenig rührt. Viel zu wenig gute Clubs gebe es. Man sei quasi gezwungen, immer in die gleichen Locations zu gehen. Dort treffe man wiederum immer die gleichen Pappenheimer, die zur immer gleichen Musik tanzten. Langeweile, Stillstand, Provinzialität - das seien Synonyme für München.

DerNektar Beackauf der Praterinsel: Früher ein Tummelplatz für Schickimickis. Jetzt soll er eine Location für alle Münchner werden. (Foto: Foto: Stephan Rumpf)

Doch hin und wieder gibt es auch Lichtblicke. Ein solcher tut sich jetzt am kommenden Wochenende auf: Die Praterinsel, Münchens verkanntes Inseljuwel in der Isar, kommt neu in Schwung. Am Samstag (8.5.) gibt es dort nach langer Zeit mal wieder eine Party der Extra-Klasse. Und das ist erst der Anfang.

Seit die Agentur Planworx im Februar die Vermarktung der Isarinsel übernommen hat, weht ein frischer Wind. Vor zwei Wochen gab es schon den ersten Testlauf mit einer riesigen Uni-Party. Der Zuspruch der Studenten war enorm, so dass man zeitweilig das Areal wegen Überfüllung sperren musste.

Nun stehen am Samstag zwei Elektro-Superstars an den Plattentellern: Fritz Kalkbrenner und Guy Gerber. Unterstützt werden die beiden von Headman, einem Künstler der "New-Disco-Bewegung" sowie von den Berlinern Chopstick & Johnjon.

"Isle of Sound" heißt diese Partyreihe, die in diesem Sommer gleich vier Mal auf der Praterinsel stattfinden wird. Bei schönem Wetter geht es am Samstag bereits um 14 Uhr im Innenhof los, mit einem Open-Air-Dancefloor. Nachts wird dann in der sogenannten Füllhalle auf zwei Dancefloors gerockt.

Doch damit nicht genug. Nicht nur Freunde elektronischer Tanzmusik sollen auf ihre Kosten kommen. Am Samstag nimmt die Praterinsel - neben der "Isle-of-Sound"-Sause - auch zum ersten Mal an der Langen Nacht der Musik teil. Im Wurzelkeller treten ab 20 Uhr verschiedene Live-Bands auf. Dabei sind unter anderem Sharyhan, eine Stefan-Raab-Entdeckung, und die Münchner Bands Die Drogen, So far nothing new und Mixtape.

Events gab es zwar in den vergangen Jahren auf der Praterinsel immer wieder, doch zählten dazu etwa ominöse Luxusmessen, auf denen sich vorwiegend reiche Russen und Münchner Schickimickis tummelten, oder niveaulose After-Work-Partys im Stil der Neunziger. Obwohl die Insel geographisch bestens im Zentrum der Stadt platziert ist, wurde die Location viel zu wenig und viel zu schlecht genutzt. Jetzt soll alles anders werden.

Eine Balance zwischen Party, Kunst und Kultur wolle man finden, sagt Pressesprecherin Jessica Böhm. Eine Woche später, am 15. Mai, wird eine Strandbar ihren Betrieb aufnehmen. Der Nektar Beach, wie in den Jahren zuvor. Hiermit assoziiert man sofort Schickis, Schnösel und Champagner - und rümpft die Nase. Doch dieses Jahr wird ein neues Konzept vesprochen.

Man wolle weg von diesem Image, dass dort nur Sportwagen fahrende Manager, Zahnarztsöhne und blondierte Erbinnen verkehren. Der Nektar Beach soll eine Bar für "normale" Gäste werden. Ein Lokal für Alt und Jung, ein Platz für alle Münchner.

Ob das funktioniert, wird sich zeigen. In jedem Fall wird man wieder feinen Sand aufschütten, und das ist per se schon mal nicht schlecht. An den Wochenenden soll es sogar Kinderbetreuung geben, damit sich gestresste Eltern auch einmal ohne ihren Nachwuchs einen Drink genehmigen können.

Lesen Sie auf Seite 2, welche Feste in nächster Zeit noch anstehen auf der Praterinsel.

Am 22. Mai lädt dann die Erste Liga zum Sommerfest auf die Insel und hat dabei ein absolutes Zuckerl am Start: Uffie vom Ed-Banger-Label wird live ihren Elektro-Dance-Rap-Sound zum besten geben.

Im Innenhof des Inselgeländes soll zudem in ein paar Wochen ein neuer Biergarten aufmachen. Wenn es gut geht, kann man dann sonntags bei Jazz-Musik brunchen. Das sei zumindest der Plan, heißt es bei Planworx. Und auch die legendären Tango-Abende wird es wieder geben.

Neben den Partys dürfen auch Kunst und Kultur nicht zu kurz kommen. Das will zumindest das Rathaus so. 1993 hatte die Stadt deshalb sogar eine Kultur-Quote von mindestens 65 Prozent für die Praterinsel festgelegt. Soviel wird es allerdings wohl kaum werden, da sich die Veranstalter durch kommerzielle Veranstaltungen schließlich auch finanzieren müssen.

Aktionskünstler und Kunstprofessor Wolfgang Flatz, der im Übrigen seit 22 Jahren als Einziger auf der Isarinsel wohnt, wird in diesem Jahr zwei Ausstellungen organisieren. Anfang September feiert die Insel ihren 200. Geburtstag. Neben dem Inselfest zum Jubiläum kuratiert Flatz in Halle 3 eine Installation.

Es scheint so, als fände die Praterinsel in ihrem Jubiläumsjahr zurück zu ihren Wurzeln. Im Jahr 1810 eröffnete nämlich das erste Lokal auf der Isarinsel. Der Wirt taufte es Praterwirtschaft. Mit dem Namen wollte er an den berühmten Wiener Vergnügungspark erinnern: Der "Prater" in der österreichischen Hauptstadt stand schon immer für Gaudi und Remmidemmi. Auf der Münchner Insel sollte es genauso lustig zugehen wie bei den alpenländischen Nachbarn.

Um etwas nachzuhelfen stellte der Wirt vor seinem Gasthaus auch noch ein Karussell auf. Mit der Zeit kamen weitere Cafés auf dem Inselareal dazu. Zu seiner besten Zeit zählte die Praterinsel 15 Gastro-Betriebe. Das Gelände war für die Münchner ein Platz zum Feiern.

Es wird Zeit, dass diese Zeiten wiederkommen. Der Anfang ist zumindest gemacht. Jetzt liegt es an den neuen Betreibern, was sie daraus machen. Man darf gespannt sein.

Die Kolumne "After Eight" erscheint jeden Donnerstag auf "München Extra", dem Stadtportal von sueddeutsche.de.

Bookmark: www.sueddeutsche.de/aftereight

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: