Kolumne: After Eight:Hilfe, die Narren nahen!

Der Münchner ist ein Faschingsmuffel. Den bunten Spezialpartys in unserer Stadt fehlt Feuer - da hilft auch kein Dschungelkönig.

Beate Wild

Wir Münchner beneiden Köln um gar nichts. Na gut, vielleicht der ein oder andere um Lukas Podolski, den es in unserer Stadt wohl nicht so gut gefallen hat und der zurück wollte an den Rhein. Und möglicherweise sind manche ein bisschen neidisch auf den Karneval dort. Im Vergleich zur Narrenhochburg im Rheinland herrscht bei uns während der so genannten fünften Jahreszeit so gut wie tote Hose.

Kolumne: After Eight: Huch! Schaut man sich die diversen Faschingspartys der Münchner Clubs an, kommt einen das kalte Grauen.

Huch! Schaut man sich die diversen Faschingspartys der Münchner Clubs an, kommt einen das kalte Grauen.

(Foto: Foto: Stephan Rumpf)

Über die Gründe, warum das so ist, wurde schon viel diskutiert. Früher war alles besser? Ha, von wegen! Wir erinnern uns an die Achtziger, an die glorreichen Zeiten des Monaco Franze. Verkleidet als Herr der sieben Meere wollte er zusammen mit Kopfeck-Manni, der als Leichtmatrose ging, den Münchner Fasching unsicher machen. Und was erwartete ihn: gähnende Leere in einer Wirtschaft, in der früher angeblich die Hölle los gewesen ist.

Der Faschingsausflug der beiden Stenze endet in Chaos (Monaco sperrt sich aus und sucht im Münchner Nachtleben nach einem Einbrecherkönig, der ihm helfen soll, wieder in seine Wohnung zu kommen) und Tristesse (die abgeschleppte Traumfrau entpuppt sich als verzweifelte Mutter mit Kind).

Freilich gibt es auch in unserer narrensicheren Stadt zahlreiche Faschingsveranstaltungen. Da wären am Faschingssamstag der Ball "Carneval in Rio" im Bayerischen Hof, der "Ball der Waschmadl und Kammerkätzchen" im Alten Rathaussaal oder der Faschingsball des Bayerischen Rundfunks im Funkhaus.

Aber sind wir doch einmal ehrlich: Diese Art von Veranstaltungen haben nichts mit dem wilden, tabulosen Karnevalstreiben zu tun, das man von den Rheinländern kennt. Auf Bälle gehen doch eher ältere Semester und konservative Zeitgenossen - und dabei geht es garantiert gesittet, wenn nicht sogar etwas fade zu.

Gut, für die Jüngeren gibt es noch den sehr beliebten Biedersteiner Kellerfasching, der traditionell am Faschingssamstag in dem Studentenwohnheim am Englischen Garten abgehalten wird. Und am Faschingsdienstag treibt es den Feierwilligen zum Viktualienmarkt und ins Glockenbachviertel, um sich dort ab Mittag in diversen Lokalen zu betrinken. Doch selbst hier erscheint nur ein Teil der Partycrowd im Kostüm.

Lesen Sie auf Seite 2, warum in München Fasching mit dem Dschungelcamp verwechselt wird und was es für Alternativen gibt.

Hilfe, die Narren nahen!

Verkleiden scheint dem Münchner nicht so zu liegen. Dann doch lieber die Lederhose und den Gamsbart zur Wiesn als das Cowboy-Outfit im Fasching. Und wenn schon maskiert, dann geht man eher auf Motto-Partys wie die Zombocombo in der Registratur oder den Blubclub. Kostümieren im Fasching gilt unter szenigen Münchnern als uncool.

Kein Wunder, dass sich diese Denkweise durchgesetzt hat. Schaut man sich die diversen Faschingspartys der Münchner Clubs an, kommt einen das kalte Grauen. Beispielsweise feiert der Volksgarten in der Rosenheimer Straße am Freitag eine Dschungelparty mit - ja, kein Witz - Dschungelkönig Ross Antony als DJ. Motto: "Rumble in the Jungle". Da tanzen die Schimpansen und die Nasenbären reihen sich zur Polonäse Blankenese ein..

Zwei Tage später, am Sonntag, macht sich noch ein überlebender Dschungelcamp-Bewohner an den Plattentellern zu schaffen. Dieses Mal ist es Giulia Siegel. Die Location ist ihre Stammdisco, das P1. Das Motto: "Schwere Jungs und leichte Mädchen". Gefeiert wird dort der Gastro-Fasching. Gerüchten zufolge soll die Komponistentochter übrigens einen schönen Geldbetrag für ein DJ-Set fordern. Womöglich hat der Aufenthalt im Dschungel ihren Marktwert gesteigert.

Wer sich für cool und trendy hält, wird wohl bei keiner dieser Veranstaltungen beiwohnen. Doch daheim bleiben müssen die Faschingsmuffel keineswegs. Im Zerwirk findet am Samstag wieder die superlustige Balkan-Party statt, Electro-Fans freuen sich auf "Fear and Loathing in Munich" in der Roten Sonne und alle anderen rennen wie immer in die Erste Liga. Die feiert am Samstag ihren dritten Geburtstag. Ohne Kostümzwang.

Die Kolumne "After Eight" erscheint jeden Donnerstag auf dem neuen Stadtportal "münchen extra" von sueddeutsche.de.

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