Kolumne: After Eight:Bringt uns in Ekstase!

In den meisten Münchner Clubs hört man nur elektronischen Einheitsbrei - weil viele DJs von ihrem Job einfach keine Ahnung haben. Doch es gibt einen Lichtblick.

Beate Wild

Neulich waren wir auf einer Abrissparty, konkreter gesagt die vom Horses, Cars & Stars in der Schellingstraße. Die Überraschung des Abends: Es wurde HipHop aufgelegt. Ja, tatsächlich. Mal kein Elektro-Sound, einfach nur guter alter HipHop. Und es hat riesigen Spaß gemacht. Hört man ja heutzutage sonst nirgendwo mehr. Dabei bringt HipHop die Stimmung auf Partys immer zum Überkochen. Jeder tanzt, kreischt und springt auf der Tanzfläche hin und her, dass es eine wahre Freude ist.

Genau diese Freude kommt in den meisten Münchner Clubs schlichtweg zu kurz, das ist nach dieser Party wieder einmal schmerzlich bewusst geworden. Fast überall, wo man abends hinkommt, hört man langweiligen, vor sich hinplätschernden House-Sound. Oder wahlweise den typischen Party-Afterwork-Hitmix, was natürlich noch bedeutend schlimmer ist als langweilige Elektro-Musik.

Gegen elektronischen Sound ist im Grunde gar nichts einzuwenden, aber eben nur, wenn er sich abhebt von dem üblichen Einheitsbrei, wie man ihn in den einschlägigen Nacht-Locations - vom Café King über P1 und Pacha bis hin zur Ersten Liga - ständig hört.

Doch etwas Besonderes aufzulegen, gelingt in München nur wenigen DJs, eigentlich kaum jemandem. Der gute alte DJ Hell beispielsweise, wenn der sich alle drei Monate mal bequemt, wieder in München zu agieren, schafft er es immer noch, die Tanzfläche in eine jubelnde, zuckende Masse zu verwandeln. Aber das Gros der Nachwuchskräfte an den Plattentellern - wir nennen aus diplomatischen Gründen jetzt lieber keine Namen - hat die Kunst des ekstatischen Auflegens einfach nicht drauf.

Heutzutage nennt sich ja jeder, der einmal ein Knöpfchen eines Mischpults gedrückt hat, DJ. Von Komponisten-Töchtern über szenige Geschwisterpaare bis hin zu ehemaligen Callboys: DJ, das hört sich schon extrem lässig an, damit kann man in München die Leute noch beeindrucken.

Über die Qualität der aufgelegten Musik - vor allem über das Talent, die Stimmung im Publikum zu erspüren und die richtige Reihenfolge zu treffen, um die Meute noch mehr anzuheizen - sagt das aber rein gar nichts aus. In manchen Clubs hat man gar das Gefühl, der Mann am Plattenteller hat gerade einen lokalen Radiosender eingeschaltet, so schlecht ist die Musik.

Lesen Sie auf Seite 2, wer derzeit in München die Massen zum Tanzen bringt.

Der Lichtblick heißt "Munich Bass"

Doch einen großen Lichtblick gibt es im Münchner Nachtleben: "Schlachthofbronx" nennen sich die drei Jungs aus dem Schlachthofviertel. Ihre Musik bezeichnen sie als "Munich Bass". Es ist eine wilde Mischung aus Elektro, Dancehall, Dub, Kuduro und Baile Funk. Musik, die in die Beine fährt. Und das ist genau das, was München braucht. Endlich ein neuer Sound auf den Dancefloors der Stadt!

Das Neue und Coole bei Schlachthofbronx ist die Interaktion mit dem Publikum. Das haben sie sich ein wenig von "Buraka Som Sistema" abgeschaut, jener portugiesisch-angolanischen Kuduro-Band, die mit ihrem Sound derzeit weltweit Erfolge feiert - und im Übrigen am Samstag (10.10.) in der Alten Kongresshalle zu Gast ist.

Wenn Schlachthofbronx auflegen, dann geht es ab. Einmal im Monat (auch am heutigen Donnerstag) haben sie ihren festen Abend in der Roten Sonne. "Hypie Hypie" nennen sie die Party, bei der sie für das Publikum unter anderem Trillerpfeifen und Gaströten verkaufen, damit die so richtig abgehen können. Einfach großartig!

Allen anderen Plattenauflegern der Stadt sei gesagt: Gebt euch Mühe. Wir wollen keinen Einheitsbrei hören, sondern beim Tanzen ins Schwitzen kommen. Und wer kaum Ahnung vom Auflegen hat, soll bitte, bitte die Finger davon lassen. Beim Ausgehen wollen wir Spaß haben!

Die Kolumne "After Eight" erscheint jeden Donnerstag auf "München Extra", dem Stadtportal von sueddeutsche.de.

Bookmark: www.sueddeutsche.de/aftereight

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