Kolumne: After Eight:Bloß nicht den Kopf verlieren

Schlüssel verloren, Handy weg, Jacke unauffindbar: Die Münchner scheinen im Nachtleben dramatische Verluste hinnehmen zu müssen. Dreiste Diebe? Oder doch nur zu tief ins Glas geschaut?

Beate Wild

Was ist eigentlich los in Münchens Bars und Clubs? Haben sich in unserer schönen Stadt seit neuestem dreiste Diebe breitgemacht, die armen Nachtschwärmern hinterrücks ihr Hab und Gut entwenden? Versagt hier etwa die Münchner Polizei oder ist sie doch nicht so allgegenwärtig, wie immer behauptet? Oder sind die Münchner gar selbst Schuld am Verschwinden ihrer Wertsachen, weil sie benebelt von Musik und Drinks nicht mehr richtig auf ihr Zeug aufpassen können? In jüngster Zeit häufen sich die Klagen über den Verlust persönlicher Gegenstände beim nächtlichen Um-die-Häuser-ziehen. Die Bandbreite der vermissten Gegenstände ist immens: Jacken, Schlüssel, Handys, Geldbeutel, Handtaschen, Ausweise, Bankkarten - und das sind nur die "normalen" Dinge. Auch BHs sollen schon verschwunden sein, wie man aus der 089 Bar hört. Gut, das Problem mit den EC-Karten kennen zumindest die Raucher ganz gut. Seit man Zigaretten am Automaten nur noch mit Geldchip kaufen kann, bleiben in den Kneipen haufenweise Karten liegen, die die Käufer in der Maschine aus Vergesslichkeit oder plötzlicher Amnesie stecken lassen. Wem das schon öfter passiert ist, der weiß, dass die Lokale die Karten stets hinter der Bar sammeln. Die Bodega Dalí in der Maxvorstadt etwa hat dafür extra schon Kuverts hinter der Bar vorbereitet. Kommt man am nächsten Tag vorbei, liegt der Umschlag mit der Karte bereits zur Abholung bereit. Fragt man im Schall & Rauch nach seiner abspenstigen Karte, holt der Barmann erstmal ein Dutzend aus der Schublade und sofort stellt sich das beruhigende Gefühl ein, dass man nicht alleine so schusselig ist. Weiß man nicht mehr, in welchem Lokal einem das Malheur passiert ist, sollte man die Karte schleunigst sperren lassen. Drastischer ist die Situation beim Verlust des gesamten Geldbeutels. Dann sind meist nicht nur diverse Bankkarten weg, sondern auch Ausweise, Führerschein und Bargeld. Deshalb sei dem Nachtschwärmer angeraten, hier auf den Rat seiner Mama zu hören und zum Ausgehen nicht sein gesamtes Portemonnaie mitzuschleppen.

Kolumne: After Eight: Feiern ist lustig. Doch man sollte auf sein Hab und Gut aufpassen, sonst nimmt die Nacht ein böses Ende.

Feiern ist lustig. Doch man sollte auf sein Hab und Gut aufpassen, sonst nimmt die Nacht ein böses Ende.

(Foto: Foto: istock)

Unglaublich ärgerlich ist es, wenn man heimgehen will und seine Jacke nicht mehr findet - vor allem bei den derzeitigen eisigen Temperaturen. Die Vorgeschichte ist ja die, dass man am Anfang des Abends aus der Kälte in ein heißes, dampfiges Lokal kommt und sich erstmal seines Mantels entledigen will. In Clubs hat man im Gegensatz zu herkömmlichen Bars zumindest noch die Option auf eine Garderobe. Zugegeben ist das nicht immer billig, die Paradiso Tanzbar dürfte mit 2,50 Euro pro Jacke hier an der Münchner Spitze liegen. Dafür bekommt man ja schon fast ein Bier.

Lesen Sie auf Seite 2, warum manche männliche Münchner vortäuschen, ihren Schlüssel verloren zu haben, und wo man seinen verlorenen BH am nächsten Tag abholen kann.

Bloß nicht den Kopf verlieren

Aber nur extreme Geizhälse oder Nachtleben-Unerfahrene verzichten auf das Abgeben ihrer Garderobe und werfen ihre Kleidungsstücke in irgendeine Lounge-Ecke. Das böse Erwachen kommt am Ende der Nacht: Man ist müde und angetrunken und die Jacke ist nicht da. Wenn man sich besonders dumm angestellt hat, war in der Jackentasche auch noch das Handy oder der iPod.

In der Registratur, der Roten Sonne oder im Pimpernel sieht man dann regelmäßig Bilder von auf dem Boden herumkriechenden Männern, weinenden Mädchen, hysterischen Frauen und zornig diskutierenden Machos. Meistens bringt das alles nichts. Ist die Jacke weg, muss man sich bibbernd auf die Suche nach einem Taxi machen - insofern der Geldbeutel nicht auch im Mantel war und man völlig pleite auf die Hilfe seiner Mitmenschen angewiesen ist.

Oftmals war auch der Haustürschlüssel in der Jackentasche, was einem dann die Wahl lässt, entweder einen überteuerten Schlüsseldienst zu kontaktieren oder bei einem Bekannten zu übernachten. Wie man hört, haben manche männliche Münchner diesen Trend erkannt und geben absichtlich vor, nicht in ihre Wohnung zu können, um sich eine Übernachtung bei ihrer Angebeteten zu erschleichen. Besonders im Baby und im Pacha soll dieser Trick die Runde machen.

Stellt sich zuletzt noch die Frage: Hat das Jopperl jemand im Suff verwechselt oder war hier ein dreister Dieb am Werk? Die Antwort erfährt man nie, außer ein reuiger Partygänger bringt das verwechselte Stück am Tag darauf in das Lokal zurück.

Da dieses Schlamassel in München anscheinend so unglaublich vielen Leuten ständig passiert, hat sich die 089 Bar mit einer Bahn brechenden Neuerung hervorgetan. Jeden Sonntag kann man dort zwischen 11 und 15 Uhr vorbeischauen und seine Fundsachen abholen. Vorausgesetzt, der BH hat nicht schon längst bei ebay einen neuen Besitzer gefunden.

Die Kolumne "After Eight" erscheint jeden Donnerstag auf dem neuen Stadtportal "münchen extra" von sueddeutsche.de.

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